Für den Verjährungsbeginn von Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen i.S.d. § 197 BGB a.F. ist die Kenntnis von der Regressmöglichkeit durch die Regressabteilung eines SVT unerheblich

BGH, Urteil vom 10.1.2012 — Aktenzeichen: VI ZR 96/11

Leitsatz
Die ausschließliche Anwendbarkeit des § 197 BGB a.F. gilt auch hinsichtlich des Beginns der Verjährungsfrist. Deshalb können Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen bereits vor Kenntniserlangung verjährt sein.

Sachverhalt
Die BRD machte gegen den beklagten Landkreis P. auf sie übergegangene Schadensersatzansprüche des K. geltend. K. war Halbwaise nach einem verstorbenen Hauptfeldwebel der Bundeswehr. Er erlitt aufgrund eines ärztlichen Behandlungsfehlers in einem Krankenhaus der Beklagten im September 1989 einen Gesundheitsschaden. Die Bund zahlte an K. über die eigentliche Bezugsdauer hinaus Waisengeld sowie Beihilfe und Pflegegeld. Im Juli 2002 wurde die Sache an das zuständige Regressdezernat des Bundes zwecks Prüfung einer Regressmöglichkeit abgegeben. Daraufhin wandte sich die dort zuständige Sachbearbeiterin im August 2002 erstmals direkt an den Kommunalen Schadensausgleich (KSA) als Versicherer des beklagten Landreises. Dieser berief sich teilweise auf Verjährung der Forderungen. Im Juli 2006 erhob der Bund Klage und machte u.a. Regressansprüche für von ihm bis zum 31.12.1997 erbrachte Leistungen geltend. Der KSA berief sich erneut auf Verjährung.

Entscheidung
Der hiermit befasste BGH bestätigt die Ansicht des Berufungsgerichts, welches die von der Klägerin geltend gemachten Regressansprüche hinsichtlich der Beihilfe, des Pflegegeldes sowie der Waisenrente als wiederkehrende Leistungen i.S.d. § 197 a.F. eingestuft habe, die hinsichtlich der von ihr bis zum 31.12.1997 erbrachten kongruenten Leistungen jedoch bereits zum 1.1.2002 verjährt waren. Nach § 197 BGB a.F. BGB verjährten Ansprüche auf Rückstände von regelmäßig wiederkehrenden Leistungen in vier Jahren. Die Verjährung habe bereits mit dem Schluss des Jahres begonnen, in welchem der Anspruch entstanden ist (§ 201 Satz 1, § 198 Satz 1 BGB a.F.). Dem Gesetz sei kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass in dem Fall, in dem wiederkehrende Leistungen als Schadensersatz wegen einer unerlaubten Handlung zu erbringen sind, für den Beginn und die Dauer der Verjährung § 852 Abs. 1 BGB a.F. anzuwenden sei, wonach der Anspruch in drei Jahren von dem Zeitpunkt an verjährt, in dem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt. Für eine Gesetzeslücke, die bei Ersatzansprüchen wegen unerlaubter Handlungen einen Abgleich zwischen § 197 BGB a.F. und § 852 Abs. 1 BGB a.F. erfordern könnte, sei nichts ersichtlich. Der Gesetzgeber habe sich dafür entschieden, Ansprüche auf regelmäßig wiederkehrende Leistungen verjährungsrechtlich vom jeweiligen Stammrecht abzuspalten und der gesonderten Verjährungsfrist des § 197 BGB a.F. zu unterstellen.

Trotz ihres Bezuges zum alten Recht hat die Entscheidung des BGH weiterhin in denjenigen „Altfällen“ Bedeutung, in denen Regressansprüche erst Jahre nach dem Schadenereignis geltend gemacht werden. In der Regulierungspraxis herrschte bisher die Ansicht, dass hinsichtlich des Verjährungsbeginns auch der in § 197 BGB a.F. angesprochenen Ansprüche die Kenntnis vom Schaden und Schädiger Voraussetzung für den Verjährungsbeginn sei. Nach Ansicht des BGH bginnt/begann die Verjährung jedoch tatsächlich stets mit Jahresschluss mit der Folge, dass sich SVT in „Altfällen“ nicht mehr mit Erfolg auf fehlende Kenntsnis der Regressabteilung berufen können. Unter Berücksichtigung der Übergangsvorschriften zum „neuen“ Verjährungsrecht in § 6 EGBGB 229 steht mit diesem Urteil zudem fest, dass spätestens am 31.12.2004 sämtliche Rentenansprüche verjährt sind, die bis zum 31.12.2001 entstanden sind.

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