Fälligkeit vor Ablauf der Prüfungsfrist?

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BGH, Urteil vom 19.1.2006 — Aktenzeichen: IX ZR 104/03

Leitsatz
Die Vergütung des Werkunternehmers wird beim VOB/B-Vertrag bereits vor Ablauf der Prüfungsfrist von zwei Monaten ab Zugang der Schlussrechnung fällig, wenn der Auftraggeber die Schlussrechnung vorher prüft und feststellt. Auch in der wirtschaftlichen Krise kann der Werkunternehmer aufrechnen, selbst dann wenn ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, das Verfahren allerdings noch nicht eröffnet und keine vorläufigen Sicherungsmaßnahmen veranlasst worden sind.

Sachverhalt
Der Werkunternehmer ging pleite. Der vorläufige Insolvenzverwalter klagte eine Restvergütung aus einem VOB/B-Vertrag ein. Der Auftraggeber wandte ein, ihm stehe aus einem anderen Bauvorhaben noch eine Forderung gegen den Werkunternehmer zu und erklärte die Aufrechnung. Dazu hatte der Auftraggeber noch vor Klageerhebung Schlussrechnung gelegt, die der Werkunternehmer etwa 4 Wochen später, noch vor Klageerhebung prüfte. Der Insolvenzverwalter vertrat die Ansicht, die Aufrechnung sei insolvenzrechtlich nicht zulässig. Das OLG Brandenburg ist dieser Einschätzung nicht gefolgt. Der Bundesgerichtshof hat dies gebilligt und die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen.

Entscheidung
Der BGH hat gemeint, dass die vom Auftraggeber zur Aufrechnung gestellte eigene Vergütungsforderung bereits mit Prüfung und Feststellung der Schlussrechnung fällig geworden sei. Auf den Ablauf der nach § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B maßgeblichen Höchstfrist von zwei Monaten komme es nicht an. Daher habe der Auftraggeber noch aufrechnen können.

Hinweis für die Praxis
Nach den Regelungen in der Insolvenzordnung ist eine Aufrechnung des Insolvenzgläubigers mit eigenen Gegenforderungen gegen Forderungen des Insolvenzverwalters unzulässig, wenn die Gegenforderungen erst nach Insolvenzverfahrenseröffnung und später als die Forderung des Insolvenzverwalters fällig werden. Im vorliegenden Fall hat der Auftraggeber gut daran getan, schlussabzurechnen. Hätte er mit der Schlussrechnung bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens zugewartet, hätte er den Prozess verloren.

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