Erst untersuchen – dann nachbessern

Oberlandesgericht München, Urteil vom 10.5.2016 — Aktenzeichen: 20 U 1332/16

Einem Werkunternehmer muss Gelegenheit gegeben werden, das Werk zu untersuchen, ehe er sich auf ein Nacherfüllungsverlangen des Bestellers einlässt.

Leitsatz
1. Der Werkunternehmer ist nicht verpflichtet, sich auf ein Nacherfüllungsverlangen des Bestellers einzulassen, bevor dieser ihm nicht Gelegenheit zu einer Untersuchung des Werks gegeben hat.

2. Die Aufforderung zur Mangelbeseitigung kann unter die Bedingung gestellt werden, dass der Unternehmer das Werk beim Besteller abholt. Denn bei Fehlen anderweitiger Absprachen ist die Nachbesserung im Zweifel dort zu erbringen, wo sich das nachzubessernde Werk vertragsgemäß befindet.

Sachverhalt
Nach Reparatur eines Traktormotors funktionierte der Motor immer noch nicht. Der Besteller forderte daher das Unternehmen auf nachzuerfüllen. Dazu wurde eine Frist gesetzt und gleichzeitig das Unternehmen aufgefordert, den Traktor abzuholen. Nach Fristablauf verlangt der Besteller Schadensersatz in Höhe der aufzuwendenden Nachbesserungskosten. Das Unternehmen hält die Fristsetzung für unwirksam, weil es zur Abholung des Traktors in ihre Werkstatt nicht verpflichtet gewesen sei.

Entscheidung
Das Oberlandesgericht ließ den Schadensersatzanspruch des Bestellers wegen mangelhafter Werkleistungen der (bis dahin) fehlenden Nachfristsetzung scheitern.

Es hielt fest, dass dem beklagten Unternehmen keine wirksame Frist zur Nachbesserung der mangelhaften Reparaturarbeiten am Motor des Traktors gesetzt und insbesondere keine hinreichende Gelegenheit zur Untersuchung der Sache zur Überprüfung der erhobenen Mängelrügen gegeben wurde. So sei einem Unternehmen Gelegenheit zu einer Untersuchung der Sache zu geben. Erst aufgrund einer solchen Untersuchung könne ein Unternehmen beurteilen, ob die gerügten Mängel bestehen.

Das Nachbesserungsverlangen war nicht deshalb unwirksam, weil es unter die Bedingung gestellt wurde, dass das Unternehmen den Traktor abholt, wozu es nicht verpflichtet gewesen sei. Bei Fehlen anderweitiger Absprachen ist bei einem Werkvertrag im Zweifel die Nachbesserung dort zu erbringen, wo sich das nachzubessernde Werk vertragsgemäß befindet.

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