Ende der Privilegierung der VOB/B bei Verbraucherverträgen

SCHLÜNDER | RECHTSANWÄLTE | Bismarckstraße 16  | 59065 Hamm | Deutschland
Tel. 02381 921 55-0 | FAX 02381 921 55-99 | Mail hamm@schluender.info

OLG Hamm, Urteil vom 20.12.2004 — Aktenzeichen: 22 U 41/04

Zum Sachverhalt
Die Parteien stritten über Schadensersatzansprüche der Käufer eines Wohnhauses. Vor Vertragsschluss erfolgten mehrere Besichtigungen. Hinweise auf Feuchtigkeit im Kellerbereich gaben die Beklagten nicht. Tatsächlich waren die Kellerwände teilweise feucht. Der Feuchtigkeitsbefall stieg von den Böden und den Sockeln in die Wände auf. Die Kläger (= Käufer) behaupteten, den Beklagten (= Verkäufer) seien die Feuchtigkeitserscheinungen bekannt gewesen. Die Beklagten haben sich der Klage mit der Begründung entgegengestellt, dass zwar teilweise Feuchtigkeitsspuren feststellbar gewesen seien, diese Feuchtigkeitsspuren seien einer Besichtigung jedoch ohne weiteres zugänglich gewesen. Mängel seien nicht kaschiert worden. Das Landgericht hat die Beklagten zur Zahlung eines Betrages von 41.000,00 € zuzüglich Zinsen verurteilt, die von uns vertretenen Beklagten haben in der Berufungsinstanz eine Abänderung erreicht. Der 22. Zivilsenat des OLG Hamm hat die Klage insgesamt abgewiesen.

Zur Begründung
Der Senat hat ausgeführt, dass ein Schadensersatzanspruch nicht bestehe.

Zwar liege ein Sachmangel vor, auch hat der Senat unterstellt, dass die Feuchtigkeit bei Abschluss des Kaufvertrages bereits vorlag. Dennoch hat der 22. Zivilsenat eine Verletzung der Aufklärungspflicht nicht gesehen. Der Senat hat insoweit differenziert. Soweit es um die Durchfeuchtungen im Sockelbereich gegangen sei, habe eine Aufklärungspflicht nicht bestanden. Dass die Beklagten von weiteren Durchfeuchtungen Kenntnis gehabt hätten, hätten die Kläger nicht bewiesen.

Ausgegangen ist der Senat von der Eigenverantwortlichkeit jeder Partei. Eine Aufklärungspflicht besteht nur dann, wenn der andere Teil (hier: Käufer) nach Treu und

Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise Aufklärung erwarten darf. Eine allgemeine Pflicht, alle Umstände zu offenbaren, die für die Entschließung des anderen Vertragsteils von Bedeutung sein könnten, besteht nicht. Bei Verkauf eines Hausgrundstücks bedeutet dies, dass eine Pflicht zur Offenbarung regelmässig nur wegen verborgener, nicht unerheblicher Mängel oder solcher nicht erkennbarer Umstände anzunehmen ist, die nach der Erfahrung auf das Entstehen bestimmter Mängel schliessen lassen. Dagegen kann ein Käufer Aufklärung über solche Mängel, die einer Besichtigung zugänglich oder ohne weiteres erkennbar sind, nicht erwarten, weil er solche Mängel bei der im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt selbst wahrnehmen kann.

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Senat ausgeführt, dass die Kläger gerade deshalb nicht hätten aufgeklärt werden müssen, weil sie die Feuchtigkeit an den Wänden und Böden des Kellers bei der Besichtigung hätten erkennen können.

Da es noch um weitere Feuchtigkeitserscheinungen ausserhalb des Sockelbereiches ging, hat der Senat weiter ausgeführt, dass bezüglich der sonstigen Feuchtigkeit nicht bewiesen sei, dass die Beklagten Kenntnis hiervon gehabt hätten und aus diesem Grunde arglistig gehandelt hätten. Arglistig handelt nur, wer einen Fehler der Kaufsache kennt oder zumindest für möglich hält, gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragspartner den Fehler nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte.

Praxistipp
Das obige Urteil zeigt die sorgfältige Abwägung und Abgrenzung der Käuferinteressen von den Verkäuferinteressen. Das Urteil beschäftigt sich mit dem typischen Fall, dass Feuchtigkeit im Kellerbereich auftritt. Die obige Entscheidung ist wichtig für all jene Fälle, bei denen „das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist“. Besser ist es, bei erkennbaren Feuchtigkeitsmängeln diese unter örtlicher Bezeichnung ganz klar als Feuchtigkeitsstellen im notariellen Kaufvertrag zu erwähnen. Alternativ kommt eine gesonderte Erklärung gleichen Inhalts in Betracht, die vom zukünftigen Käufer zu unterzeichnen ist. Mit einer derartigen Erklärung sichert sich der Verkatte von der Existenz der Feuchtigkeitsstellen.

SCHLÜNDER | RECHTSANWÄLTE | Bismarckstraße 16  | 59065 Hamm | Deutschland
Tel. 02381 921 55-0 | FAX 02381 921 55-99 | Mail hamm@schluender.info