Eine unterlassene Plausibilitätsprüfung des Anlageberaters führt nicht per se zu einem Schadensersatzanspruch des Anlegers

BGH , Urteil vom 30.3.2017 — Aktenzeichen: III ZR 139/15

Sachverhalt
Die Klägerin hat den Beklagten wegen fehlerhafter Anlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Insbesondere habe der Beklagte seine Verpflichtung zur Prüfung der Plausibilität der Kapitalanlage verletzt. Das Oberlandesgericht hat der Klage stattgegeben mit der Begründung, der Beklagte habe nicht konkret dargetan, anhand welcher konkreter Unterlagen er eine Plausibilitätsprüfung vorgenommen habe, so dass nicht festgestellt werden könne, ob er die Seriosität der Anlage zutreffend geprüft habe. Über seinen unzureichenden Informationsstand habe der Beklagte die Klägerin nicht informiert, was zu einer Pflichtverletzung und im Ergebnis nach Auffassung des OLG zu einem Schadensersatzanspruch der Klägerin führt. Der BGH kommt zu dem Ergebnis, dass die Erwägung des OLG nicht die Verurteilung des Beklagten rechtfertigt und hat das Verfahren zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen.

Entscheidung
Zunächst bestätigt der BGH seine Rechtsprechung, dass ein Anlagevermittler das Anlagekonzept auf wirtschaftliche Tragfähigkeit hin zu überprüfen hat. Er muss den Prospekt darauf hin überprüfen, ob er ein schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt abgibt und ob die Informationen sachlich richtig und vollständig sind. Entsprechend verstößt eine unterlassene und unzureichende Plausibilitätsprüfung der empfohlenen Kapitalanlage zwar gegen diese aus einem Anlagevermittlungsvertrag folgende Verpflichtung. Im Hinblick auf den Schutzzweck der Prüfungs- und Offenbarungspflicht kann dies aber nur dann zu einer Haftung des Vermittlers führen, wenn die vorzunehmende Prüfung Anlass zur Beanstandung gegeben hätte, etwa, weil dem Vermittler ein Risiko erkennbar geworden wäre, über das hätte aufgeklärt werden müssen. Hiernach ist jeweils festzustellen, ob eine hypothetische Untersuchung des Anlagekonzepts und der dazugehörigen Unterlagen auf Plausibilität durch den Anlagevermittler Anlass zu Beanstandungen gegeben hätte oder in den für die Anlageentscheidung wesentlichen Punkten standgehalten hätte. Ob eine zum Schadensersatz führende Pflichtverletzung vorliegt, kann deshalb nicht beurteilt werden, wenn nicht zuvor festgestellt wird, dass es an der notwendigen Plausibilität fehlt und woraus sich dies ergibt. Allein die Unterlassung der gebotenen Plausibilitätsprüfung und die fehlende Aufklärung darüber führt daher nicht zu einem Schadensersatzanspruch, wenn eine hypothetische Prüfung keine Beanstandungen ergeben hätte.

Fazit: Auch wenn ein Anlageberater das Anlageobjekt nicht (hinreichend) auf Plausibilität hin überprüft hat, begründet dies nicht per se einen etwaigen Schadensersatzanspruch des Anlegers. Vielmehr ist zunächst zu prüfen, ob es der streitgegenständlichen Anlage überhaupt an Plausibilität fehlt.

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