Die Haftung nach § 110 SGB VII – immer eine Frage des Einzelfalls

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Landgericht Wuppertal, Urteil vom 9.4.2014 — Aktenzeichen: 3 O 476/12

Erleidet ein Bauarbeiter schwerste Verletzungen, weil er mangels hinreichender Sicherungsvorkehrungen abstürzt, führen die Berufsgenossenschaften, die aufgrund des Unfalls Leistungen erbringen, häufig Regressprozesse. Der Arbeitgeber des verunfallten Bauarbeiters haftet nur bei grober Fahrlässigkeit. Was aber ist, wenn der für die Absicherung vor Ort zuständige Mitarbeiter nichts veranlasst und selbst zu Schaden kommt? Mit dieser Frage hat sich das Gericht befasst.

Leitsatz
1. Ein Unternehmer kann die Absicherung der Baustelle auf einen Aufsichtsführenden delegieren.

2. Erleidet der für die Absicherung zuständige Mitarbeiter eine Verletzung, weil er die Baustelle nicht abgesichert hat, besteht ein 100%iges Eigenverschulden.

Sachverhalt
Die klagende Berufsgenossenschaft (BG) verlangt vom Inhaber eines Zimmererunternehmens Aufwendungsersatz. Der beim Zimmerer beschäftigte Mitarbeiter fiel während Richtarbeiten an einem Einfamilienhaus in ein Treppenloch und verletzte sich schwer. Die BG behauptete grobe Fahrlässigkeit, weil der beklagte Zimmermann nicht dafür gesorgt hat, dass die Treppenöffnung während der Arbeiten verschlossen war. Der Beklagte verteidigte sich u.a. damit, dass der Verunfallte just der Mitarbeiter gewesen sei, der am Unfalltag für die Absicherung zuständig war.

Entscheidung
Das Landgericht gelangte nach Vernehmung von Zeugen zu der Einschätzung, dass der Beklagte angeordnet hatte, die Treppenöffnung durch Bohlen abzudecken. Die BG habe die Behauptung des Beklagten auch nicht widerlegen können, dass der Beklagte den Verunfallten selbst noch angerufen habe und ihn auf das Erfordernis dieser Absicherung hingewiesen habe. Überdies habe der Beklagte den Verunfallten selbst zum Aufsichtsführenden bestimmt; deshalb reduzierten sich dessen Leitungs- und Kontrollpflichten.

Erleidet der für die Absicherung der Baustelle zuständige Mitarbeiter einen Schaden, weil er die gebotene Absicherung nicht vornimmt, ist der Anspruch der BG jedenfalls wegen alleinigen Verschuldens des Verunfallten auf null reduziert.

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