Der BGH konkretisiert in einer aktuellen Entscheidung die Pflichten des Rechtsanwalts zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze per Telefax

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BGH Beschluss vom 27.06.2017 — Aktenzeichen: VI ZB 32/16

Leitsatz
Der Rechtsanwalt genügt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des Sendeberichts zu überprüfen, ob der Schriftsatz vollständig und an das richtige Gericht übermittelt worden ist.

Die Kontrolle des Sendeberichtes darf sich grundsätzlich nicht darauf beschränken, die auf diesem abgedruckte Faxnummer mit der zuvor aufgeschriebenen, etwa in den Schriftsatz eingefügten Faxnummer zu vergleichen. Vielmehr muss der Abgleich anhand einer zuverlässigen Quelle vorgenommen werden, aus der die Faxnummer des Gerichts hervorgeht, für das die Sendung bestimmt ist.

Der Rechtsanwalt hat seine organisatorischen Anweisungen klar und unmissverständlich zu formulieren.

Sachverhalt
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat eine Berufungsbegründung statt an das in die Adresszeile angegebene Oberlandesgericht an das Landgericht gefaxt. Der Schriftsatz wurde am letzten Tag der Frist gefaxt. Nach einem Hinweis des Berufungsgerichts hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung beantragt. Er hat ausgeführt, er habe die Berufungsbegründung diktiert und dabei die zutreffende Faxnummer des Oberlandesgerichts angegeben. Diese Faxnummer habe die zuständige Kanzleimitarbeiterin in den Entwurf der Berufungsbegründung übernommen. Bei der Übertragung des korrigierten Entwurfs auf den Briefbogen der Kanzlei habe die Mitarbeiterin – der allgemein erteilten Anweisung entsprechend – überprüfen wollen, ob die richtige Faxnummer angegeben sei und habe in der Handakte geblättert. Hier sei sie auf einen Schriftsatz gestoßen, in dem eine andere Faxnummer – die des Landgerichts – enthalten gewesen sei. Sie habe daraufhin diese Faxnummer in die Berufungsbegründung übernommen. Es bestehe eine allgemeine Arbeitsanweisung in der Kanzlei, dass bei der Versendung fristwahrender Schriftsätze per Telefax ein Sendebericht zu erstellen sei und eine Überprüfung zu erfolgen habe, dass die richtige Faxnummer eingegeben und der Schriftsatz an das richtige Gericht vollständig übertragen worden sei.

Das Oberlandesgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Dies wurde damit begründet, dass die Klägerin keinen Sachverhalt glaubhaft gemacht hat, nachdem die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nicht auf einem Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten beruhte.

Entscheidung
Der BGH bestätigt diese Entscheidung. Auch nach Auffassung des BGH hat die Klägerin weder dargetan noch glaubhaft gemacht, dass ihr Prozessbevollmächtigter durch eine ordnungsgemäße Organisation der Ausgangskontrolle in seiner Kanzlei dafür Sorge getragen hat, dass Rechtsmittelfristen nicht versäumt werden. So darf sich die Kontrolle des Sendeberichts grundsätzlich nicht darauf beschränken, die auf diesem aufgedruckte Faxnummer mit der zuvor aufgeschriebenen, etwa in den Schriftsatz eingefügte Faxnummer zu vergleichen. Vielmehr muss der Abgleich anhand einer zuverlässigen Quelle, anhand eines geeigneten Verzeichnisses, vorgenommen werden, aus der die Faxnummer des Gerichts hervorgeht, für das die Sendung bestimmt ist; denn diese Art der Ausgangskontrolle soll nicht nur Fehler bei der Eingabe, sondern auch bei der Ermittlung der Faxnummer und ihre Übertragung in den Schriftsatz ausschließen.

Dem Erfordernis kann allerdings auch durch die Anweisung genügt werden, die im Sendebericht ausgedruckte Faxnummer mit der schriftlich niedergelegten zu vergleichen, wenn sichergestellt ist, dass diese ihrerseits zuvor aus einer zuverlässigen Quelle ermittelt worden ist. Dies setzt aber voraus, dass zusätzlich die generelle Anweisung besteht, die ermittelte Faxnummer vor der Versendung auf eine Zuordnung zu den vom Rechtsanwalt bezeichneten Empfangsgericht zu überprüfen. Der Sendebericht muss dann nicht mehr zusätzlich mit der zuverlässigen Ausgangsquelle verglichen werden. Infolge des vorangegangenen Abgleichs der auf den Schriftsatz übertragenen Faxnummer mit der zuverlässigen Ausgangsquelle ist die Nummer auf dem Schriftsatz nach diesem Abgleich selbst als ausreichend zuverlässige Quelle anzusehen.

Vorliegend hatte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin diesen Erfordernissen nicht genüge getan. Es fehlte an der unmissverständlichen Weisung, dass die Überprüfung, ob die Nummer des richtigen Gerichts eingegeben wurde, anhand einer zuverlässigen Quelle zu erfolgen hat. Entsprechend war die fehlerhafte Eingabe der Faxnummer von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu verschulden; das Wiedereinsetzungsgesuch war unbegründet.

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