Der Architekt als Rechtsanwalt?

OLG Nürnberg, Urteil vom 13.11.2009 — Aktenzeichen: 2 U 1566/06

Leitsatz
Ein Architekt haftet dem Bauherrn dann, wenn er nicht darauf hinwirkt, statt einer zweijährigen Verjährungsfrist die übliche fünfjährige Gewährleistungspflicht zu vereinbaren.

Sachverhalt
Ein Architekt verwendet bei der Vergabe von Installationsarbeiten einen Vertragstext, in dem die Geltung der VOB/B a.F. mit einer zweijährigen Verjährungsfrist vereinbart wurde. Nach Ablauf dieser zwei Jahre traten Mängel auf. Das Installationsunternehmen berief sich auf Verjährung. Daher wollte der Bauherr nun seinen damaligen Architekten in Anspruch nehmen, der nicht auf eine fünfjährige Mängelverjährung hingewirkt habe.

Entscheidung
Im Ergebnis mit Erfolg.

Das OLG Nürnberg hat entschieden, dass ein Architekt verpflichtet sei, im Rahmen der Mitwirkung bei der Vergabe jedenfalls bei Installationsarbeiten auf die Vereinbarung einer fünfjährigen Verjährungsfrist hinzuwirken. Mängel bei Installationsarbeiten, die zu Undichtigkeiten führen könnten, seien typischerweise nicht sofort erkennbar, weil die Leitungen in Böden und Wänden verlegt seien; Undichtigkeiten würden häufig erst nach längerer Zeit entdeckt. Diese Umstände, deren Kenntnis von einem Architekten erwartet werden dürften, führten dazu — so das OLG Nürnberg -, dass die Vereinbarung einer zweijährigen Verjährungsfrist das erhebliche Risiko beinhaltete, dass Werkmängel bei der Verlegung von Leitungssystemen erst nach Ablauf der Verjährungsfrist überhaupt festgestellt werden und dann nicht mehr zu durchsetzbaren Gewährleistungsansprüchen führten. Die Vereinbarung einer derart verkürzten Verjährungsfrist stellte daher einen Mangel der Architektenleistungen dar. Der Bauherr wurde im Verhältnis zum verklagten Architekten vom OLG so gestellt, als wenn eine längere Verjährungsfrist vereinbart worden wäre.

Praxishinweis:

Ein Architekt ist zwar prinzipiell weder berechtigt noch verpflichtet, rechtsberatende Tätigkeit auszuüben. Bei der Mitwirkung an der Vergabe werden aber vom Architekten Grundkenntnisse im Werkvertragsrecht und über die VOB erwartet; dazu gehören Gewährleistungsfristen wie auch Regelungen über Vertragsstrafen, über Sicherheitseinbehalte. Dem Architekten ist daher anzuraten, auf solche Vertragstexte zurückzugreifen, die dem geltenden Werkvertragsrecht und auch der geltenden Rechtsprechung entsprechen. Bei Unsicherheit sollte er den Bauherrn veranlassen, anwaltschaftlichen Rat beizuziehen, wenn es um rechtliche Fragen geht.

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