Dashcam als Beweismittel

LG München I – Beschluss vom 19.10.2016 — Aktenzeichen: 17 S 6473/16

Bei der Dashcam-Aufnahme kann es sich um ein zulässiges Beweismittel handeln, das analog § 371 ZPO in Augenschein genommen werden kann und bei einem unfallanalytischen Sachverständigengutachten auch Berücksichtigung finden darf.

Beweisverwertungsverbote sind in der ZPO ausdrücklich nicht normiert. Ein solches kann indes indiziert sein, wenn ein Beweismittel unter Verstoß gegen einfach gesetzliche Normen erlangt wird, und in diesem Fall nur ausnahmsweise eine Verwertbarkeit als Beweismittel zulässig sein, in Abhängigkeit von gegenüberstehenden berechtigter Interessen im Verhältnis zu durch die einfach gesetzliche Norm geschützte Sphäre und einer umfassenden Interessen- und Güterabwägung der Parteien.

Aus Sicht der Kammer des LG München I ist bei der Aufzeichnung von Verkehrsvorgängen mittels einer Dashcam ein berechtigtes Interesse und ein hinreichend konkreter Verwendungszweck anzunehmen, als dass es um die Sicherung von Beweismitteln im Falle eines möglichen Verkehrsunfalles geht, insbesondere betreffend das Fahrverhalten und die Art der Unfallbeteiligung des Gegners.

Bezogen auf die Dashcam-Aufzeichung eines Verkehrsunfalls ist aus Sicht der Kammer lediglich die Individualsphäre betroffen (so auch Landgericht Frankenthal, Urteil v. 30.12.2015, Az.: 4 O 358/15), nicht etwa der Kernbereich der privaten Lebensführung.

Das Interesse einer Partei an einer Sicherung von Beweismitteln allein ist zwar grundsätzlich nicht ausreichend, kann aber dann ein besonderes Gewicht erlangen, wenn sich der Beweisführer in einer Notwehr bzw. notstandsähnlichen Situation befindet, insbesondere etwa weil ihm keine anderen Mittel zur Beweisvorsorge in der konkreten Situation zur Verfügung stehen. Davon kann insoweit aufgrund der Schnelle und Unvorhersehbarkeit von Unfallereignissen vor Fahrtantritt ausgegangen werden.

Entscheidend für die Frage der Verwertbarkeit ist dabei für die Kammer, ob eine permanente oder eine anlassbezogene Aufzeichnung mit der klägerischen Dashcam stattfindet, insbesondere aber auch, ob eine automatische Löschung und Überschreibung der Aufzeichnung innerhalb von bestimmten Zeiträumen erfolgt (vgl. insoweit auch Landgericht Frankenthal, s. o.).

Bezogen auf die Dashcam-Aufzeichnung des Klägers im hiesigen Fall ging die Kammer davon aus, dass diese lediglich zur Beweissicherung und Beweisführung im hiesigen Rechtsstreit verwendet werden sollten und nicht zu sonstigen Veröffentlichungen bestimmt waren und auch künftig keine anderweitige Verwendung finden sollen, mithin keine Veröffentlichungsgefahr zu besorgen ist.

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