Darf der Bauherr eine Gewährleistungsbürgschaft noch verwenden, wenn die zugrunde liegenden Gewährleistungsansprüche verjährt sind?

Problem
Bauherr und Bauunternehmer schließen einen VOB/B-Bauvertrag. Nach Abnahme stellt der Bauunternehmer zur Ablösung des vereinbarten Gewährleistungseinbehalts von 5 % der Auftragssumme eine Gewährleistungsbürgschaft zur Verfügung. Kurz vor Ablauf der Gewährleistungsfrist rügt der Bauherr (zu Recht) Mängel. Der Bauunternehmer reagiert nicht und hofft, sich über die Gewährleistungsfrist zu retten. In der Tat unternimmt der Bauherr nichts. Nach Ablauf der Gewährleistungszeit verlangt der Bauunternehmer unter Hinweis auf die eingetretene Verjährung der Mängelansprüche Rückgabe der Bürgschaft.

Zu Recht?

Ergebnis
Der Bauherr muss die Bürgschaft nicht herausgeben. Vielmehr ist er zur Verwertung der Bürgschaft berechtigt. Denn nach § 17 Nr. 8 VOB/B ist eine nicht verwertete Sicherheit nach Ablauf der Gewährleistungszeit nur dann zurückzugeben, wenn keine Ansprüche des Bauherrn mehr offen stehen. Andernfalls kann der Bauherr die Sicherheit (ggf. einen entsprechenden Teil hiervor) zurückhalten. Es kommt also nicht darauf an, dass der Bauherr „verjährungsunterbrechende“ Maßnahmen veranlasst.

Der Hintergrund ist klar: Die Bürgschaft dient zur Absicherung der nicht fristgerechten Erfüllung von Gewährleistungsansprüchen und soll den Auftraggeber davor bewahren, ggf. kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist noch schnell seine Ansprüche gerichtlich einfordern zu müssen.

Entscheidend ist aber, dass die Mängel vor Ablauf der Verjährung, also in unverjährter Zeit konkret gerügt worden sind. Nachträgliche Mängelrügen helfen nicht.

Dies ist für den VOB-Vertrag so vom Bundesgerichtshof entschieden worden (BGH, BauR 1993, 335) und wurde jüngst vom OLG Köln (Urteil vom 13.10.2004, 11 U 184/03 aufgegriffen.

Praxishinweis
Bei einem VOB-Vertrag kommt es also entscheidend darauf an, dass Mängel in unverjährter Zeit gerügt werden. Dieses Beseitigungsverlangen muss aber hinreichend konkret sein. Eine unsubstantiierte Mängelrüge oder gar eine bloße prozessuale Streitverkündung reichen nicht (vgl. OLG Oldenburg, BauR 2004, 1464). Wenn der Auftraggeber die Mängel noch rechtzeitig gerügt und der Auftragnehmer die Mängelbeseitigung vorgenommen hat, beginnt mit der Abnahme der Mängelbeseitigungsleistung gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 3 VOB/B eine neue Verjährungsfrist, aber nur für Mängel dieser Leistungen.

Fraglich ist allerdings, was gilt, wenn die Parteien die VOB/B nicht (wirksam) in den Vertrag einbezogen haben, also ein „normaler“ BGB-Vertrag geschlossen ist. Nach früherem Recht (§§ 478, 639 Abs. 1 BGB a.F.) reichte – wie bei einem VOB-Vertrag – die Mängelrüge in nicht verjährter Zeit. Ob die zu jenen Regelungen ergangene Rechtsprechung auf die neue Rechtslage übertragen werden kann, ist zweifelhaft und höchstrichterlich noch nicht entschieden. Im Zweifel sollten Auftraggeber die Verjährung durch geeignete Maßnahmen hemmen, um nicht Gefahr zu laufen, Gewährleistungsansprüche zu verlieren und die Bürgschaft zurück geben zu müssen.

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