Bundesgerichtshof entscheidet zu kreditfinanzierten sogenannten „Schrottimmobilien“

BGH, Urteil vom 16.5.2006 — Aktenzeichen: XI ZR 6/04

Leitsatz

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hatte darüber zu entscheiden, welche Rechte Verbrauchern zustehen, die ihren zur Finanzierung einer Eigentumswohnung geschlossenen Realkreditvertrag nach den Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes widerrufen haben.

Sachverhalt

Die Kläger waren 1995 von einem Vermittler in ihrer Privatwohnung geworben worden, zum Zwecke der Steuerersparnis eine Eigentumswohnung zu kaufen. Sie schlossen zunächst einen entsprechenden notariellen Kaufvertrag ab. Sodann schloss die beklagte Bausparkasse zur Finanzierung des Kaufpreises als Vertreterin einer Bank mit den Käufern einen Darlehensvertrag, der durch eine Grundschuld gesichert war. Eine Belehrung der Kläger nach dem Haustürwiderrufsgesetz erfolgte nicht.

Die Kläger machen geltend, mit Rücksicht auf die unterbliebene Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz könnten sie die Rückzahlung des Darlehens verweigern und den Darlehensgeber auf die gekaufte Eigentumswohnung verweisen. Außerdem behaupten sie, über die mit der Eigentumswohnung verbundenen Risiken nicht hinreichend aufgeklärt worden zu sein.

Entscheidung

Mit dem Urteil vom 16.05.2006 hat der Senat seine ständige Rechtsprechung bestätigt, nach welcher der Verbraucher nach dem Widerruf des Darlehensvertrages gemäß § 3 Haustürwiderrufsgesetz zur sofortigen Rückzahlung der Darlehensvaluta zzgl. marktüblicher Zinsen verpflichtet ist.

Der BGH entschied weiter, dass ein Schadensersatzanspruch wegen unterbliebener Widerrufsbelehrung den Klägern nicht zustehe, da der Kaufvertrag vor dem Darlehensvertrag abgeschlossen worden war. Die Widerrufsbelehrung der kreditgebenden Bank hätte die Kläger daher nicht vor den Risiken der Kapitalanlage schützen können. Es fehlte an der erforderlichen Kausalität. Ob für den Fall, dass der Darlehensvertrag vor dem Kaufvertrag abgeschlossen wird, einen Schadensersatzanspruch wegen fehlender Widerrufsbelehrung in Betracht kommt, ließ der Senat offen.

Der XI. Zivilsenat hat ferner seine Rechtsprechung zum Bestehen von Aufklärungspflichten der kreditgebenden Bank bei realkreditfinanzierten Wohnungskäufen und Immobilienfondsbeteiligungen ergänzt. In den Fällen eines „engen Zusammenwirkens“ der finanzierenden Bank mit dem Anlagevermittler verschärfte der BGH die Haftung der Bank für die Verletzung von Aufklärungspflichten. Unter den folgenden Voraussetzungen wird widerleglich vermutet, dass die Bank Kenntnis von einer arglistigen Täuschung der Anleger durch den Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiator hatte:

  • Institutionalisiertes Zusammenwirken der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber des finanzierten Objektes;
  • die Finanzierung der Kapitalanlage wurde vom Verkäufer oder Vermittler angeboten;
  • die Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers, Fondsinitiators oder der für sie tätigen Vermittler bzw. des Verkaufs- oder Fondsprospektes ist nach den Umständen des Falles evident;
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