Belehrungspflicht des Notars bei Erhöhung des Stammkapitals einer GmbH mit Sacheinlagen

BGH, Urteil vom 2.10.2007 — Aktenzeichen: III ZR 13/07

Leitsatz
Der Notar hat, wenn eine Erhöhung des Stammkapitals einer GmbH mit Sacheinlagen erfolgen soll und Anlass zu Zweifeln an einer richtigen Bewertung der Sacheinlagen besteht, auf die Gefahr einer Differenzhaftung des Übernehmers hinzuweisen. Dabei kann auch über die Frage aufzuklären sein, ob eine einzubringende Gesellschafterforderung gegen die GmbH vollwertig ist.

Sachverhalt
Die Geschäfte einer GmbH liefen schlecht. Die Gesellschafter beschlossen daher, die Überschuldung der GmbH durch Umwandlung von Gesellschafterdarlehen sowie von Darlehen Dritter in Stammkapital zu beseitigen. Hierzu teilten sie dem Notar mit, die Gesellschafterdarlehen seien nicht eigenkapitalersetzend, die Darlehen seien zur Rückzahlung fällig, Einreden gegen die Rückzahlung oder Aufrechnungsmöglichkeiten der GmbH bestünden nicht.

Die Erhöhung des Stammkapitals wurde vorgenommen, die Zahlungen auf die Stammeinlagen sollten durch Verrechnung mit den gewährten Darlehen erfolgen.

In der Folgezeit wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet. Da sämtliche eingebrachte Darlehensforderungen nicht vollwertig waren, machte der Konkursverwalter gegen die Gesellschafter Ansprüche auf Bareinzahlung der Stammeinlage geltend. Diese traten an den Konkursverwalter ihre Schadensersatzansprüche gegen den beurkundenden Notar ab.

Die Vorinstanzen gaben der Klage des Konkursverwalters gegen den Notar statt.

Entscheidung
Die Nichtzulassungsbescherde des Notars hatte keinen Erfolg.

Der BGH bestätigte mit seinem Urteil seine bisherige Rechtsprechung, dass der Notar im Rahmen seiner Belehrungspflicht gem. § 17 Abs. 1 BeurkG den Willen der Beteiligten erforschen, den Sachverhalt klären, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts belehren und deren Erklärungen klar und unzweideutig in der Niederschrift wiedergeben muss. Hierbei dürfe der Notar zwar regelmäßig die tatsächlichen Angaben der Beteiligten ohne eigene Nachprüfung zugrunde legen. Lasse sich jedoch nicht ausschließen, dass die Beteiligten möglicherweise entscheidende Gesichtspunkte, auf die es für das Rechtsgeschäft ankommen kann, nicht erkennen oder rechtliche Begriffe, die auch unter Laien gebräuchlich sind und die sie ihm als Tatsaschen vortragen, falsch verstehen, müsse der Notar nachfragen.

Nach diesen Grundsätzen habe der Notar dann, wenn eine Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen erfolgen soll und Anlass zu Zweifeln an einer richtigen Bewertung der Sacheinlagen bestehen, auf die Gefahr der Differenzhaftung des Übernehmers gem. § 9 Abs. 1, 56 Abs. 2 GmbHG hinzuweisen. Zwar müsse der Notar grundsätzlich nicht die Werthaltigkeit der als Sacheinlage einzubringenden Gegenstände prüfen. Auf der anderen Seite müsse der Notar jedoch damit rechnen, dass Begriffe wie „Bareinzahlung“ oder, insbesondere in Fällen einzubringender Forderungen, der schwierige Rechtsbegriff des „eigenkapitalersetzenden Darlehens“ von den Beteiligten falsch verstanden werden. Dies gelte auch allgemein für die Frage, ob eine einzubringende Gesellschafterforderung gegen die GmbH mit Rücksicht auf deren wirtschaftliche Verhältnisse und den Grundsatz der Stammkapitalerhaltung auch „vollwertig“ ist. Angesichts der einschneidenden Rechtsfolgen müsse sich der Notar deshalb Gewissheit darüber verschaffen, ob die Beteiligten die rechtliche Bedeutung solcher Begriffe richtig erfasst haben und sie notfalls hierüber aufklären.

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