Begründung des Wiedereinsetzungsantrags

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Michael PeusMichael Peus

BGH, Beschl. v. 28.07.2022 – III ZB 65/21

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Wiedereinsetzungsantrag muss eine substantiierte, in sich schlüssige Darstellung der entscheidungserheblichen Tatsachen enthalten. Hierzu zählen auch Angaben, worin das Versehen, auf dem die Fristversäumnis beruht, besteht.

 

Sachverhalt

Der Kläger legte form- und fristgerecht Berufung ein. Die Berufungsbegründung ging beim Oberlandesgericht über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach ein, jedoch war diese mit einer ungültigen qualifizierten elektronischen Signatur des Prozessbevollmächtigten versehen. Im gerichtlichen Prüfprotokoll hieß es: „Die mathematische Prüfung der Signatur ist fehlgeschlagen. Die Inhaltsdaten oder die Signatur wurden nach der Signatur verändert.“

Nach einem Hinweis des Gerichts, beantragte der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und führte zur Begründung aus, dass die Fristversäumung auf einem Versehen einer stets zuverlässigen, regelmäßig geschulten und stichprobenartig überprüften Kanzleiangestellten beruhe. Sie habe die Berufungsbegründung nach der Signierung durch den Prozessbevollmächtigten und die Signaturdatei per beA an das Gericht geschickt und den Sendebericht kontrolliert. Dieser wies aus, dass die Berufungsbegründung übersandt worden war. Fehler waren hieraus nicht ersichtlich.

Das Oberlandesgericht wies den Wiedereinsetzungsantrag zurück und verwarf die Berufung als unzulässig. Eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Berufungsbegründung sei innerhalb der Frist nicht eingegangen. Der eingereichte Schriftsatz genüge den Voraussetzungen des § 530 Abs. 5 i.V.m. 130a Abs. 1 und 3 ZPO nicht. Gem. § 130a Abs. 3 ZPO muss ein elektronisches Dokument über einen sicheren Übermittlungsweg eingereicht und eine qualifizierte elektronische Signatur enthalten. Die Signatur sei nach dem Prüfungsprotoll ungültig. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht zu gewähren, da ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten nach dem klägerischen Vortrag nicht ausgeschlossen sei. Worin das Versehen der Angestellten zu sehen sei, werde nicht dargelegt. Weiterhin fehle es an Angaben, wie es zu der fehlerhaften Signatur kam und wer dafür verantwortlich sei, dass das Dokument nach der Signatur noch verändert wurde.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde.

 

Entscheidung

Der BGH verwarf die Rechtsbeschwerde als unzulässig.

Es fehlt an einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Berufungsbegründung, da keine gültige qualifizierte elektronische Signatur vorlag.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist gem. § 233 ZPO zu gewähren, wenn das Fristversäumnis nicht auf einem Parteiverschulden beruht. Dabei wird das Verschulden des Prozessbevollmächtigten der Partei gem. § 85 Abs. 2 ZPO zugerechnet.

Der Wiedereinsetzungsantrag muss die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten, § 236 Abs. 2 S. 1 ZPO. Hierfür ist eine verständliche, geschlossene Schilderung der Abläufe erforderlich, aus der sich ergibt, worauf das Fristversäumnis konkret beruht und auf wie und durch wessen Verschulden es dazu kam. Wenn auch nur die Möglichkeit besteht, das das Fristversäumnis auf einem Verschulden des Prozessbevollmächtigten beruht, kann keine Wiedereinsetzung gewährt werden.

Daher kann vorliegend keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Der Wiedereinsetzungsantrag enthält keine substantiierte, in sich schlüssige Darstellung der entscheidungserheblichen Tatsachen. Es fehlen Angaben dazu, worin das Versehen der Kanzleiangestellten bestanden haben soll.

Es ist nicht erwähnt, dass es sich um einen für den Benutzer nicht ersichtlichen technischen Fehler gehandelt haben könnte. Eine technische Fehlerursache, die in den Verantwortungsbereich des Gerichts fällt oder auf das Übermittungsmedium zurückzuführen ist, kann nicht ohne Weiteres angenommen werden.

Deshalb kann nicht ausgeschlossen werden, dass den Prozessbevollmächtigten ein (Mit-)Verschulden trifft, dass das Dokument nach der Signatur entsprechend dem Prüfprotokoll verändert worden ist und die Signatur deshalb ungültig war.

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