Wann ist eine Holztreppe mangelfrei?

BGH, Urteil vom 7.3.2013 — Aktenzeichen: VII ZR 134/12

Leitsatz
Allgemein anerkannte Regeln der Technik für handwerkliche Gewerke (hier: Holztreppen) können vorsehen, dass entweder bei bestimmten Bauteilen eine Mindeststärke eingehalten oder ein Standsicherheitsnachweis im Einzelfall vorgelegt werden muss.

Sachverhalt
Die Klägerin beauftragte den Beklagten mit Lieferung und Einbau einer Massivholztreppe in ihrem Wohnhaus. Der Beklagte baute die Treppe ein. Die Klägerin machte verschiedene Mängel geltend. Unter anderem biege sich die Treppe durch, verursache beim Begehen ein Knarren und sei für die Belastung insgesamt zu schwach ausgelegt. Eine ordnungsgemäße Mängelbeseitigung sei nur durch den Einbau einer neuen, mangelfreien Treppe möglich.

Sowohl das erstinstanzliche Gericht als auch das Berufungsgericht gingen von der Mangelhaftigkeit der Treppe aus und sprachen der Klägerin einen Kostenvorschussanspruch zu. Zur Begründung verwiesen beide Gerichte auf das eingeholte Sachverständigengutachten. Der Sachverständige war der Auffassung, dass die Wangenstärke der Treppe grundsätzlich 50 mm betragen müsse. Sofern die Gleichwertigkeit vom Unternehmer nachgewiesen sei, könne die Dicke der Wangenträger auf bis zu 45 mm reduziert werden. Damit entspreche eine Wangenstärke von nur 40 mm — wie sie im konkreten Fall vorliege — nicht den anerkannten Regeln der Technik. Dagegen wandte sich der Beklagte insbesondere mit dem Argument, dass die Treppe — auch mit einer Wangenstärke von 40mm — standsicher und damit mangelfrei sei. Außerdem habe man eine Wangenstärke im Vertrag mit 40 mm vorgesehen.

Entscheidung
Der BGH teilt die Auffassung der Vorinstanzen. Es sei nicht entscheidend, ob die Treppe tatsächlich standsicher sei. Schon die Nichteinhaltung anerkannter Regeln der Technik machten einen Fehler im Sinne des § 633 Abs. 1 BGB aus; auf die Einhaltung dieser Regeln stütze sich das Vertrauen in die Zuverlässigkeit und Sicherheit der technischen Leistung.
Letztlich gehe es bei der Frage der Mangelhaftigkeit auch nicht um die Standsicherheit. Vielmehr gehe es um die davon zu unterscheidende Frage, ob bei der Herstellung des Werkes bestimmte allgemein anerkannte Regeln der Technik eingehalten worden seien, die den Zweck haben, eine Standsicherheit zu erreichen. Es sei gerade typisch, dass allgemein anerkannte Regeln der Technik dazu dienen, mit der notwendigen Gewissheit sicherzustellen, dass bestimmte Eigenschaften des Werkes erreicht werden. Es komme für die Frage, ob die Regeln verletzt sind, nicht darauf an, ob die Eigenschaften möglicherweise auf anderem Wege erreicht werden, und deshalb die Nichteinhaltung der Regeln im Einzelfall keine weiteren nachteiligen Folgen habe. Das ändere nichts daran, dass die stillschweigend vereinbarte Beschaffenheit der Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln nicht erfüllt sei.
Deshalb könne- so der BGH — ein Werk bereits dann mangelhaft sein, wenn die Werkstoffe nicht einen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik notwendigen Gebrauchstauglichkeitsnachweis haben.
Unter dieser Prämisse habe das Berufungsgericht zutreffend in der Unterschreitung der grundsätzlich vorgesehenen Wangenstärke eine Nichteinhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik gesehen und dieses als Mangel gewertet. Dem stehe nicht entgegen, dass die Parteien im Vertrag eine Wangenstärke von 40 mm vorgesehen haben. Eine solche Vereinbarung könne nicht dahin ausgelegt werden, dass von einem üblicherweise zu erwartenden Mindeststandard abgewichen werden solle, wenn auf eine solche Bedeutung nicht ausdrücklich hingewiesen werde oder der Besteller dies aus anderen Gründen, etwa einer entsprechenden Fachkunde, wisse.

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Verjährungsfrist für Werklohn in AGB unter drei Jahren ist unwirksam

BGH, Urteil vom 6.12.2012 — Aktenzeichen: VII ZR 15/12

Leitsatz
Eine vom Auftraggeber in einem Bauvertrag gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung, mit der die Verjährungsfrist für den Werklohnanspruch des Auftragnehmers auf zwei Jahre abgekürzt wird, ist unwirksam, weil sie den Auftragnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt

Sachverhalt
Die Klägerin begehrte Werklohn nach durchgeführten Elektroarbeiten. Dem Vertrag lagen die VOB/B und VOB/C zugrunde. Im Vertragstext, den der Auftraggeber als Allgemeine Geschäftsbedingung verwendet hatte, war vermerkt: „Die Ansprüche des AN auf Werklohn verjähren in zwei Jahren.‟ Das zweitinstanzliche Gericht hielt diese Klausel für unbedenklich und wies den Werklohnanspruch als verjährt zurück.

Entscheidung
Anders sah das der BGH. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts benachteilige die Verkürzung der Verjährungsfrist für den Werklohnanspruch in AGB des Auftraggebers den Auftragnehmer unangemessen, denn sie verstoße gegen das gesetzliche Leitbild des § 195 BGB und es seien keine Interessen des Auftraggebers erkennbar, die eine Verkürzung auf zwei Jahre rechtfertigen könnten.

Anmerkung: Nach dem gesetzlichen Leitbild des § 195 BGB verjähren Werklohnforderungen in der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. Der BGH hatte in seiner Entscheidung letztlich nicht mehr alle für und gegen die Wirksamkeit der AGB-Klausel sprechenden Umstände abzuwägen, da die Beklagte in der mündlichen Verhandlung auf die Einrede der Verjährung nachträglich verzichtete. Wenn es zum „Schwur“ gekommen wäre, hätte der BGH aber vermutlich entsprechend der Urteilsbegründung die Klausel als unwirksam betrachtet.

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Unwirksame Abschlagszahlungsregelung

BGH, Urteil vom 8.11.2012 — Aktenzeichen: VII ZR 191/12

Leitsatz
Eine in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Unternehmers enthaltene Klausel, die isoliert die Fälligkeit und die Höhe der ersten Abschlagszahlung in einem Werkvertrag mit einem Verbraucher über die Errichtung oder den Umbau eines Hauses regelt (hier: 7 % der Auftragssumme nach Fertigstellung des ersten Entwurfs), ohne auf die nach § 632a Abs. 3 BGB gesetzlich geschuldete Sicherheitsleistung des Unternehmers einzugehen, ist unwirksam, weil sie den Verbraucher von der Geltendmachung seines Rechts auf diese Sicherheitsleistung abhalten kann.

Sachverhalt
Ein Bauunternehmen verwendete in seinen Geschäftsbedingungen u.a. folgende Klausel unter der Überschrift „Zahlungsplan‟: „Zahlungen sind gemäß folgendem Zahlungsplan zu leisten: Nach Fertigstellung des ersten Entwurfs 7%“. Die angegebenen Prozentsätze sollten sich auf die Gesamtsumme des zu zahlenden Pauschalpreises beziehen.

Der Kläger verlangte von dem beklagten Unternehmen, die Verwendung dieser Klausel zu unterlassen.

Entscheidung
Der BGH gab dem Kläger Recht.

Bei der beanstandeten Klausel handle es sich um eine kontrollfähige Preisnebenabrede. Gemessen am gesetzlichen Leitbild des § 632 a BGB sei sie unwirksam. Denn es sei bereits bedenklich, ob dem Besteller mit Vorlage des ersten Entwurfs für sein Bauvorhaben überhaupt ein Wertzuwachs enstanden sei. § 632 a BGB orientiere sich nämlich daran, dass eine Abschlagszahlung nur dann verlangt werden könne, wenn der Besteller auch einen entsprechenden festen Wert erlangt habe.

Letztlich sei die Klausel aber in jedem Fall deshalb unwirksam, weil sie nicht auf die Regelung des § 632 a Abs. 3 BGB eingehe. Nach dieser Regelung hat ein Unternehmer dem Besteller bei der ersten Abschlagsrechnung eine Sicherheit in Höhe von 5 % des Vergütungsanspruchs zu leisten, sofern es sich um einen Verbrauchervertrag handelt, der die Errichtung oder den Umbau eines Hauses zum Gegenstand hat. Die Sicherheit bezieht sich auf die rechtzeitige Herstellung des Werks ohne wesentliche Mängel und ist bei Verbraucherverträgen in. o.g. Fällen gesetzlich vorgesehen.

Der BGH vertrat nun die Ansicht, dass die beschriebene Klausel die enge Verknüpfung von erster Abschlagszahlung und Erfüllungssicherheit trenne und dadurch ein für den Verbraucher sehr bedeutsames Segment aus dem Sachzusammenhang herausnehme. Dadurch bestehe die Gefahr, dass der Verbraucher davon abgehalten werde, sich auf sein Recht auf Sicherheitsleistung zu besinnen, den Unternehmer auf seine Verpflichtung zur Sicherheitsleistung hinzuweisen oder sich auf sein Leistungsverweigerungsrecht zu berufen.

Unternehmen kann daher nur empfohlen werden, ihre AGB zu überprüfen. Verbraucher können sich bei Vorliegen der oben genannten Konstellation auf die Unwirksamkeit der Klausel und ggf. der Ratenzahlungsvereinbarung insgesamt berufen.

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Welcher Gerichtsstand ist für eine Werklohnklage der richtige?

LG Düsseldorf, Urteil vom 6.9.2012 — Aktenzeichen: 18a O 52/12

Leitsatz
Der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsorts gilt nicht für die Zahlung der Vergütung einer Bauleistung.

Sachverhalt
Der Entscheidung des LG Düsseldorf liegt eine Werklohnklage eines Unternehmens zugrunde. Der Unternehmer erhebt zunächst Klage beim LG Aachen. Das Gericht verweist den Rechtsstreit an das LG Düsseldorf zur Prüfung dessen Zuständigkeit, da — so vermutlich der Hintergrund der Entscheidung — das Bauwerk im Gerichtsbezirk Düsseldorf errichtet wurde.

Entscheidung
Das Landgericht Düsseldorf erklärt sich jedoch ebenfalls für unzuständig und verweist den Rechtsstreit an das für den Wohnsitz des Auftraggebers zuständige Gericht.

Zur Begründung führt es aus, für eine Werklohnforderung gelte nicht der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes gem. § 29 ZPO. Denn die geltend gemachte Vergütungsforderung sei nicht im Bezirk des LG Düsseldorf zu erfüllen, sondern als Geldschuld am Sitz des Schuldners, hier also des Auftraggebers.

Praxishinweis
Damit entfernt sich das Landgericht von Entscheidungen des BGH und einem großen Teil der obergerichtilchen Rechtsprechung, welche die Auffassung vertreten, für die Vergütungsforderung sei im wohlverstandenen Interesse der Baubeteiligten wegen der besonderen Ortsbezogenheit gem. § 29 ZPO auch der Ort des Bauwerks maßgeblich. Unter dieser Betrachtung wäre dann hier auch das LG Düsseldorf zuständig gewesen. Das LG Düsseldorf stützt sich bei seiner Entscheidung auf Beschlüsse der Landgerichte Stralsund und Frankenthal, welche die gleiche Auffassung vertreten.

Problematisch für die Praxis ist, dass eine Entscheidung wie die des LG Düsseldorf für das Landgericht, an welches der Rechtsstreit verwiesen wurde, bindend ist. Ohne eine gesetzliche Klarstellung kann der Anwalt des Unternehmers nicht wissen, ob das Gericht am Ort des Bauwerks den Rechtsstreit entscheiden oder ihn weiterverweisen wird. Da jede Verweisung des Rechtsstreits viel Zeit kostet, sollte der Unternehmer in Erwägung ziehen, unmittelbar am Gerichtsstand des Auftraggebers zu klagen.

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Architekt oder Fachingenieur: Wer ist für die Bauüberwachung von Brandschutzklappen verantwortlich?

OLG Düsseldorf — Aktenzeichen: Urteil vom 19.07.2011, Az 21 U 76/09 und Urteil vom 17.11.2011, Az 5 U 8/11

Zu den Einzelheiten der Entscheidungen:
In den meisten Fällen erbringt der Fachingenieur die Planung und Überwachung für den Einbau von BSK. Bei der technischen Umsetzung sind regelmäßig verschiedene Gewerke beteiligt. Wenn die BSK noch vor dem endgültigen Innenausbau montiert werden, muss beispielsweise der Rohbauer- und/oder Trockenbauer nachträglich dafür sorgen, dass die BSK fachgerecht in die Wände eingemauert/eingearbeitet werden. Für diese Gewerke übernimmt aber zumeist der Architekt die Ausschreibung und Bauleitung. Berührungspunkte können auch zur Elektroinstallation bestehen, etwa wenn die BSK elektronisch an die Brandmeldeanlage angeschlossen werden müssen.
In der ersten hier diskutierten Entscheidung des OLG Düsseldorf (19.07.2011) ging es nun darum, dass die Vermörtelung der BSK vom Rohbauer unzulänglich ausgeführt worden war. Wichtiges Detail: Der Fachingenieur hatte die Vemörtelung nicht ausgeschrieben. Musste er dann trotzdem die Vermörtelungsarbeiten nach Einbau der BSK noch überwachen? Das OLG hat diese Frage bejaht und den Fachingenieur zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt. Auch wenn das anschließende Einmörteln und Verkleiden der BSK vom Fachingenieur nicht ausgeschrieben worden sei, führe dies nicht dazu, dass er die Arbeiten nicht zu überwachen habe. Die Haustechnik und damit die BSK seien nur dann ordnungsgemäß hergestellt, wenn auch das notwendige Vermörteln bzw. Einkleiden mangelfrei ausgeführt wurde. Der Einbau der BSK solle das Übergreifen eines Brandes von einem Brandabschnitt in den nächsten unterbinden. Diese Funktion könnten die BSK aber nur erfüllen, wenn sie nicht nur ordnungsgemäß bei Durchführung der Lüftungskanäle in die einzelnen Wände oder Decken eingepasst seien, sondern anschließend auch die zwischen der Bausubstanz und der Brandschutzklappe zunächst verbleibenden Spalte ordnungsgemäß verschlossen werde. Diese Tätigkeit habe der Fachingenieur überwachen müssen.
Wie die zweite Entscheidung des OLG Düsseldorf (17.11.2011) zeigt, ist aber auch der Architekt sehr schnell in der Haftung. Besonderheit dieses Falles: Der Architekt hatte wegen der Beauftragung eines Fachplaners den Einbau der BSK selbst nicht überprüft und hierzu möglicherweise wegen fehlender Spezialkenntnisse auch gar keine Veranlassung. Obwohl das Gericht hervorhebt, dass die notwendige Überwachungstätigkeit bezüglich Einbau, Verkleidung und Funktionsprüfung der BSK wohl vom Fachplaner geschuldet sei, entlässt es den Architekten nicht aus der Haftung. Dieser sei verpflichtet gewesen, alle an der Objektüberwachung fachlich Beteiligten zu koordinieren. Damit habe er auch sicherstellen müssen, dass der Einbau der BSK engmaschig überprüft und technisch abgenommen werde.

Praxishinweis
Beide Entscheidungen verdeutlichen, wie wichtig die korrekte Einordnung der geschuldeten Leistungen ist. Wie in den besprochenen Entscheidungen zum Ausdruck kommt, konnten der Fachingenieur bzw. Architekt durchaus auf den Gedanken kommen, dass kein Handlungsbedarf bestehe. Aber: Je größer das Bauvorhaben und je sicherheitsrelevanter die Arbeiten, desto mehr sind alle Bereiche miteinander verzahnt. Vereinfacht kann man sagen: Umso weiter reichen auch die Überwachungs- und Koordinierungspflichten. Gerade an den Schnittstellen der Gewerke besteht die Gefahr, dass die Beteiligten stillschweigend davon ausgehen, der jeweils andere Unternehmer oder Bauüberwacher werde schon für eine ordnungsgemäße Ausführung sorgen. Daher ist wichtig, dass in allen Phasen eines Bauvorhabens Klarheit darüber besteht, wo die eigenen Leistungspflichten anfangen und wo sie aufhören. Bei Zweifeln kann zur Vermeidung von Haftungsfällen eine baubegleitende Rechtsberatung sehr sinnvoll sein.

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Mängel an Photovoltaikanlagen – Wie lang ist die Gewährleistungsfrist?

OLG Bamberg, Urteil vom 12.1.2012 — Aktenzeichen: 6 W 38/11

Leitsatz
Mängelansprüche hinsichtlich Photovoltaikanlagen verjähren in fünf Jahren.

Sachverhalt
Der Antragsteller bestellte eine größere Freiland-Solaranlage. Der Antragsgegner montierte die Anlage. Über zwei Jahre nach der Installation musste der Antragsteller feststellen, dass einige der Solarmodule Fehler aufwiesen.
Er stellte einen Antrag auf Prozesskostenhilfe für eine Klage, mit der er den Antragsgegner auf Schadensersatz in Anspruch nehmen wollte.
Das Landgericht vertrat die Auffassung, dass die beabsichtigte Klage keine Aussicht auf Erfolg habe und wies den Antrag zurück. Der Vertrag über die Errichtung der Anlage sei ein Kaufvertrag und Mängelansprüche gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB in zwei Jahren nach Ablieferung verjährt. Das sah der Antragsteller anders und legte Berufung ein.

Entscheidung
Das OLG Bamberg änderte den Beschluss des LG Coburg und bewilligte Prozesskostenhilfe. Es ging von einer fünfjährigen Verjährungsfrist aus im Sinne des § 438 Abs. 1 Nr. 2 b BGB. Es vertrat die Auffassung, dass die Anlage als Bauwerk oder zumindest Teil eines Bauwerks bewertet werden müssen. Daher komme die fünfjährige Verjährungsfrist zum Tragen.

Bereits die Verankerung der Anlage durch 90 cm in den Boden eingerammte Pfosten ohne Betonfundament deute darauf hin, dass die Anlage als wesentlicher Grundstücksbestandteil im Sinne des § 94 BGB zu werten sei. Es halte es daher für naheliegend, die Anlage als Bauwerk im Sinne des § 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB einzuordnen. Auch wenn man den Focus darauf richte, dass nur die Module und nicht ein Bauwerk als solches geliefert worden sei, greife § 438 Abs 1 Nr. 2 b BGB ein, da die Module entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk — eine Freiland-Photovoltaikanlage – verwendet worden seien.

Praxishinweis
Es ist eine der ersten Entscheidungen zum Thema Solaranlage und Gewährleistungsfrist. Der Bundesgerichtshof hat zwar bereits entschieden, dass die Errichtung einer Solaranlage eher dem Kauf- als dem Werkvertragsrecht zuzuordnen sei (Urteil vom 03.03.2004, Az. VIII ZR 76/03 für eine Aufdachanlage). Hauptbestandteil des Vertrages sei der Verkauf der Module. Ihre Installation sei eine untergeordnete Montageleistung.
Die Verjährungsfrage ist vom BGH aber noch nicht thematisiert worden. Es bleibt abzuwarten, ob die Entscheidung des OLG Bamberg auch von weiteren Gerichten übernommen wird. Man kann hier durchaus auch anderer Auffassung sein, denn ein Solarmodul kann relativ leicht demontiert und anderweitig wieder aufgebaut werden. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten. Wer sicher gehen will, sollte die Gewährleistungsfristen individuell vereinbaren.

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Wann beginnt die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen, die vor Abnahme entstanden sind?

BGH, Urteil vom 12.1.2012 — Aktenzeichen: VII ZR 76/11

Leitsatz
Die Verjährung des vor der Abnahme des Bauwerks aufgrund eines VOB-Vertrages entstandenen Anspruchs des Auftraggebers auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten (§ 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B) beginnt grundsätzlich nicht vor der Abnahme.
Sachverhalt
Der AG (Beklagter) beauftragte den AN (Kläger) 1999 mit der Lieferung und Montage von Wand- und Deckenelementen für die Errichtung einer Industriehalle. Die VOB/B wurden einbezogen.

Der AN machte 2008 Restwerklohnansprüche geltend. Der AG erhob eine Widerklage und verlangte Schadensersatz wegen Mängeln.

Es blieb offen, ob eine Abnahme stattgefunden hatte. Der AG meinte, etwaige Schadensersatzforderungen seien verjährt.

Das Landgericht verurteilte den Kläger auf die Widerklage hin zum Schadensersatz. Das Oberlandesgericht änderte das Urteil jedoch ab. Die Ansprüche des Beklagten auf Schadensersatz seien verjährt. Zur Begründung führte es aus, mangels Abnahme und Abnahmefiktion komme zwar ein Schadensersatzanspruch des beklagten AG aus § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB/B in Betracht. Dieser sei im Zeitpunkt der Erhebung der Widerklage jedoch bereits verjährt gewesen. Er unterliege der dreijährigen Regelverjährung nach § 195 BGB, die auch für bereits vor dem 1. Januar 2002 entstandene Ansprüche gelte und ab dem 1. Januar 2002 zu laufen begonnen habe.

Die neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Anwendbarkeit der Verjährungsregelung des § 638 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. zu Gewährleistungsansprüchen vor Abnahme sei nicht einschlägig, denn es seien die VOB/B einbezogen worden. Dort seien anders als im BGB die Ansprüche des Bestellers wegen während der Bauausführung erkannter Mängel in § 4 Nr. 7 VOB/B ausdrücklich geregelt. § 4 Nr. 7 VOB/B enthalte im Gegensatz zu § 13 VOB/B keine Regelung zur Verjährung, sodass § 13 Nr. 4 VOB/B auf diese Ansprüche keine Anwendung finde und diese daher der Regelverjährung unterlägen. Zudem sei es in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall um nicht nachbesserungsfähige Mängel aus einem Architektenwerk gegangen, während es hier um nachbesserungsfähige Mängel gehe. Auch habe der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Umwandlung von Ansprüchen aus § 4 Nr. 7 VOB/B in Gewährleistungsansprüche aus § 13 VOB/B erst mit der Abnahme stattfinde, sodass auch erst ab diesem Zeitpunkt die Verjährungsregelung in § 13 Nr. 4 VOB/B anwendbar werde. Hemmungstatbestände seien nicht erfüllt und die Ansprüche somit seit 31. Dezember 2004 verjährt.

Entscheidung
Der BGH teilt die Auffassung des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg nicht. Er hat das Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit an das OLG zurückverwiesen, soweit die Wiederklage abgewiesen wurde.

Zur Begründung weist der BGH auf Folgendes hin:

1) Der Anspruch auf Erstattung der Mängelbeseitigungskosten folge nicht unmittelbar aus § 4 Nr. 7 VOB/B, sondern aus § 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B (bzw. § 8 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B 2009). Denn § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB/B umfasse grundsätzlich nur die Pflicht des AN, Mangelfolgeschäden zu ersetzen. Aus der Systematik der VOB/B folge, dass der auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten gerichtete Anspruch grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 7 Satz 3 in Verbindung mit § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B geltend gemacht werden könne. Zur Entstehung dieses Anspruchs sei es grundsätzlich erforderlich, dass der Auftraggeber dem Auftragnehmer vor einer Fremdnachbesserung eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung setze und die Auftragsentziehung nach fruchtlosem Ablauf der Frist androhe. Nach fruchtlosem Fristablauf könne der Auftraggeber gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B den Vertrag kündigen und dann die Ersatzvornahmekosten geltend machen.

2) Die Verjährung dieses Anspruchs beginne grundsätzlich erst mit der Abnahme.
Zwar weiche die VOB/B in der Regelung der vor der Abnahme bestehenden Ansprüche von der Systematik des BGB ab. Während das BGB keine Unterschiede in den Anspruchsgrundlagen vor und nach der Abnahme vorsehe, enthalt die VOB/B besondere Regelungen, die auch eigene Anspruchsgrundlagen enthielten (§ 4 bzw. 13 VOB/B).
Aus der unterschiedlichen Regelung ergebe sich aber nicht, dass Ansprüche vor der Abnahme abweichend von der gesetzlichen Regelung selbständig verjähren würden.
Denn sonst könne der AG nach Verjährung der vor der Abnahme entstandenen Ansprüche die Abnahme erklären bzw. trotz der Vertragswidrigkeit des Werkes erklären müssen, um den Lauf der Verjährung seiner Gewährleistungsansprüche (erneut) in Gang zu setzen. Das könne nicht gewollt sein. Es spreche vielmehr alles dafür, dass § 13 Nr. 4 VOB/B in gleicher Weise wie § 638 Abs. 1 BGB zum Ausdruck bringe, dass die Verjährung der wegen Mängeln vor der Abnahme entstandenen und gleichartig nach der Abnahme geregelten Ansprüche nicht beginnt, wenn die Abnahme nicht erklärt worden ist und kein Umstand gegeben ist, nach dem die Erfüllung des Vertrages nicht mehr in Betracht kommt.

Praxishinweis
Verjährungsfragen haben in Bauprozessen große Bedeutung. Mit seiner Entscheidung will der BGH nun eine weitere Unsicherheit zum Beginn der Verjährung beenden.
Maßgeblich für den Verjährungsbeginn soll einheitlich der Abnahmezeitpunkt sein.
Für den AG bedeutet dies nun jedoch nicht, dass er die Abnahme der Leistungen und damit auch die Verjährung unbegrenzt hinauszögern könnte. Denn der BGH stellt klar: Es kommt zwar grundsätzlich auf die Abnahme an. Eine Ausnahme gilt jedoch dann, wenn Umstände vorliegen, nach denen eine Vertragserfüllung nicht mehr in Betracht kommt. Für den Fall des § 4 Abs. 7 VOB/B dürfte die Verjährung also jedenfalls dann beginnen, wenn der AN die Vertragserfüllung endgültig verweigert und eine Fristsetzung und Kündigung für den AG eine bloße Förmelei wäre. § 4 Abs. 7 VOB/B will durch die dort vorgesehene Kündigung Klarheit schaffen, damit es auf der Baustelle nicht zu Streitigkeiten durch Arbeiten eines Drittunternehmens einerseits und des AN andererseits kommt. Wenn eine solche Situation aber wegen einer Verweigerung der Vertragserfüllung nicht in Betracht kommt, kann der AG ohne Fristsetzung und Kündigung Ersatzvornahmekosten geltend machen. Ab diesem Zeitpunkt wird man dann auch die Verjährung der Ansprüche beginnen lassen müssen.

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Schadensersatz wegen zweckwidriger Baugeldverwendung

LG Hannover, Urteil vom 3.5.2011 — Aktenzeichen: 9 O 295/09

Leitsatz
1. Ein dinglich gesicherter Konotokorrentenkredit kann Baugeld darstellen. 2. In Ermangelung eines Baubuches trägt der Baugeldempfänger die Darlegungs- und Beweislast für die zweckentsprechende Verwendung von Baugeld und insbesondere für behauptete Zahlungen an Bauhandwerker. 3. Bei Eintritt der Fälligkeit der Forderung nach dem Ausscheiden des Geschäftsführers hat dieser darzulegen und ggf. zu beweisen, dass Baugelder in der Zeit seiner Verantwortlichkeit vollumfänglich zweckentsprechend verwendet worden sind und die nötigen Gelder seinem Nachfolger zur Verfügung gestanden haben.

Sachverhalt
Der Unternehmer (Malerbetrieb) nimmt die Beklagte als frühere Geschäftsführerin der zwischenzeitlich aufgelösten Auftraggeberin (AG) wegen zweckwidriger Verwendung von Baugeldern auf Schadensersatz in Anspruch.

In Rede stehen Werklohnansprüche wegen u.a. umfangreicher Malerarbeiten.

Zur Finanzierung von Grundstückskauf und Baumaßnahmen schloss die AG einen Kreditvertrag mit einem Kreditinstitut ab. Vereinbart wurde eine Kreditlinie von 2.320.000,00 DM, wobei der größte Teil dieser Summe der Finanzierung der Baumaßnahmen dienen sollte.

Zur Kreditsicherung wurden nachfolgend zum Kreditvertrag Grundschulden auf dem zu bebauenden Grundstück bestellt.

Auf die Schlussrechnungen des Unternehmers leistete die AG nur zwei Teilzahlungen.
Nach anschließender Klage sprach das LG Hannover dem Unternehmer einen Werklohnanspruch zu.

Noch vor der Vollstreckung des Urteilsbetrages wurde über das Vermögen der AG das Insolvenzverfahren eröffnet.

Anschließend forderte der Unternehmer die AG auf, Einsicht in das Baubuch zu gewähren. Die AG kam dieser Aufforderung nicht nach.

Nun erhob der Unternehmer Klage auf Schadensersatz gegen die Geschäftsführerin der AG.

Er machte geltend, bei den durch Grundschuld gesicherten Geldern bestehe eine Vermutung, dass es sich um Baugeld im Sinne des § 1 Abs. 3 GSB gehandelt habe. Zudem sei wegen der verweigerten Einsichtnahme in das Baubuch zu vermuten, dass dieses Baugeld zweckwidrig verwendet worden sei.

Entscheidung
Das Landgericht folgt der Auffassung des Unternehmers und verurteilt die Geschäftführerin der AG.

Der Unternehmer habe gegen die Beklagte Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 1 des Gesetzes über die Sicherung von Bauforderungen vom 01.06.1909 (GSB).

Bei dem durch Grundschuld gesicherten Kredit handle es sich um Baugeld im Sinne des § 1 Abs. 3 GSB. Zugunsten des Unternehmers sei die Baugeldeigenschaft zu vermuten. Baugeld seien nach § 1 Abs. 3 GSB Geldbeträge, die zum Zwecke der Bestreitung der Kosten eines Baues in der Weise gewährt werden, dass zur Sicherung der Ansprüche des Geldgebers eine Hypothek oder Grundschuld an dem zu bebauenden Grundstück dient oder die Übertragung des Eigentums an dem Grundstück erst nach gänzlicher oder teilweiser Herstellung des Baues erfolgen soll. Als derartige Geldbeträge gelten insbesondere solche, deren Auszahlung ohne nähere Bestimmung des Zweckes der Verwendung nach Maßgabe des Fortschrittes des Baues erfolgen soll.

Dies sei bei dem hier gewährten Kreditbetrag der Fall. Bis zum Höchstbetrag des Kredits sei von Baugeld auszugehen. Auf eine spätere Reduzierung der Kreditlinie komme es nicht an.

In Höhe der offenen Werklohnforderung des Unternehmers sei von einer zweckwidrigen Verwendung von Baugeld auszugehen.

Praxishinweis
Der Entscheidung liegt noch die alte Rechtslage nach dem GSB zugrunde. Aber auch nach der Neuregelung des Bauforderungssicherungsgesetz wäre die Entscheidung vermutlich nicht anders ausgefallen.

Die AG hat hier die Einsichtnahme in das Baubuch verweigert, welches ein Baugeldempfänger führen muss. Damit ist es zu einer Umkehrung der Darlegungs- und Beweislast gekommen, so dass es Sache der AG war, zu beweisen, dass das Baugeld zweckentsprechend eingesetzt wurde. Dies ist ihr in vorliegendem Fall nicht gelungen.

Statt der Umkehr der Darlegungs- und Beweislast bei Nichtvorlage des Baubuchs trägt nach dem neuen § 1 Abs. 4 BauFordSiG der Baugeldempfänger stets die Darlegungslast, wenn die Baugeldeigenschaft oder Verwendung des Baugeldes streitig sind.

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Beratungspflichten des Architekten zu Baustoffen

OLG Koblenz, Urteil vom 30.5.2011 — Aktenzeichen: 5 U 297/11

Sachverhalt
Die Bauherren lassen ein Wohnhaus errichten. Die beauftragten Architekten empfehlen den Einbau von Fenstern, deren Rahmen aus Kiefernholz bestehen. Ende 1999 wird das Objekt fertig gestellt und bezogen. In der Folgezeit nehmen die Bauherren keine Erhaltungs- und Schutzanstriche an den Fensterrahmen vor. 2008 entdecken sie, dass die Holzrahmen zum Teil gefault sind, insbesondere an der stärker bewitterten Seite des Hauses. Sie nehmen die Architekten auf Schadensersatz von ca. 15.000 € in Anspruch.
Die Architekten lehnen eine Haftung ab mit dem Argument, Kiefernholz sei bestens geeignet. Es sei eine Selbstverständlichkeit, dass Fensterrahmen regelmäßig gestrichen werden müssten. Darauf habe daher nicht explizit hingewiesen werden müssen. Außerdem seien Ansprüche längst verjährt.

Entscheidung
Das Landgericht verurteilt die Architekten zu Schadensersatz. Die hiergegen gerichtete Berufung der Architekten weist das OLG Koblenz zurück. Es sieht in dem Verhalten der Architekten einen Beratungsfehler (keinen Planungsfehler !) begründet.
Mit der Empfehlung von Kiefernholz sei den Architekten eine Pflichtverletzung unterlaufen. Zwar sei die Holzart grundsätzlich geeignet. Je nach Sonneneinstrahlung und sonstiger Bewitterung könne es aber für bestimmte Standorte nicht empfohlen werden. Gegen die Verwendung der Holzart hätten daher Bedenken bestehen müssen. Die Architekten hätten auf die Pflegeintensität sowie die Notwendigkeit regelmäßiger Schutzanstriche und mögliche Alternativen (z.B. Kunststofffenster) hinweisen müssen. Nicht jeder Bauherr sei schließlich bereit, die Kosten und Mühen solcher Nachsorge auf sich zu nehmen. Bei richtiger Beratung könne man vermuten, dass sich die Bauherren für eine besser geeignete Holzart entschieden hätten.
Der Anspruch sei auch nicht verjährt. Es gehe hier um einen Beratungsfehler, für den die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist nach § 634 a Abs. 1 Nr. 3 BGB in Verbindung mit § 195 BGB greife. Daher sei für den Verjährungsbeginn auf die Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände abzustellen. Maßgeblich sei also die Entdeckung der Schäden im Jahr 2008.

Praxishinweis
Das OLG nimmt hier einen Beratungsfehler an und gelangt zur dreijährigen Verjährungsfrist — ab Kenntnis des Schadens (2008) gerechnet. Das ist nicht unproblematisch. Denn ein Beratungsvertrag wurde gerade nicht geschlossen. Ebenso gut ließe sich vertreten, dass allenfalls eine aus den Grundleistungen der Vorplanung resultierende Beratungspflicht verletzt wurde. Dann hätte das Gericht aber einen Planungsfehler annehmen und die Verjährung nach der Frist von 5 Jahren nach Abnahme berechnen müssen.

So oder so: Die Entscheidung zeigt, wie schnell der planende bzw. beratende Architekt in die Haftungsfalle geraten kann. Ob es nun das pflegeintensive Holz bei Fensterrahmen oder z.B. ein elegantes Tonnendach aus Metall ist, dass dann aber nachträglich akustische Probleme bei Regen und Hagel aufweist: Gerade bei der Baustoffauswahl ist Vorsicht geboten. Im Zweifel weiß der Auftraggeber nicht um ggf. nachteilige Aspekte des gewünschten/geplanten Baustoffes. Daher sollte der Planer den Auftraggeber stets auf Risiken hinweisen; dies am besten schriftlich dokumentiert. Nur so können nachträglich Schadensersatzansprüche sicher abgewehrt werden.

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5 % Vertragserfüllungs- und 5 % Gewährleistungssicherheit: In der Kombination wirksam?

BGH, Urteil vom 5.5.2011 — Aktenzeichen: VII ZR 179/10

Leitsatz
Ein in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers eines Bauvertrags enthaltenes Klauselwerk, wonach Gewährleistungsansprüche und Überzahlungsansprüche bis zur vorbehaltlosen Annahme der Schlusszahlung des Auftraggebers in Höhe von 10 % der Auftrags-, bzw. Abrechnungssumme gesichert sind, benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen.

Sachverhalt
Nach den Vertragsbedingungen hatte der Auftragnehmer (AN) eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 5 % der Auftragssumme zu stellen.
Des Weiteren war der Auftraggeber (AG) berechtigt, 5 % der Schlussrechnungssumme als Sicherheit für u.a. Gewährleistungs- und Überzahlungsansprüche einzubehalten.
Nach den zusätzlichen Vertragsbedingungen erstreckte sich die Vertragserfüllungssicherheit auch auf Gewährleistung und Schadensersatz, sowie auf die Erstattung von Überzahlungen einschließlich der Zinsen.

Der AN stellte nun die Vertragserfüllungs- und Gewährleistungsbürgschaft eines Bürgen, der sich darin zur Zahlung auf erstes Anfordern verpflichtete. Der AG nahm wegen Rückzahlungsansprüchen den Bürgen in Anspruch. Dieser wandte ein, die Sicherungsabrede sei unwirksam.

Entscheidung
Der BGH hält die Sicherungsabrede für unwirksam.
Dadurch dass die Vertragserfüllungsbürgschaft auch Gewährleistungsansprüche absichert, ermöglicht das Klauselwerk dem AG, die Vertragserfüllungsbürgschaft auch noch längere Zeit nach der Abnahme zu behalten.
Zwar kann der AN den Gewährleistungseinbehalt von 5 % durch eine Bürgschaft ablösen. Diese Möglichkeit muss hier aber deshalb unberücksichtigt bleiben, weil die Bürgschaft für den AN unzumutbar ist, denn er müsste nach dem Vertragswerk eine Bürgschaft auf erstes Anfordern stellen. Der BGH betont erneut das schützenswerte Interesse des AN, den ihm nach der Abnahme zustehenden Werklohn bis zur Klärung etwaiger Ansprüche des Auftraggebers liquide zu erhalten.
Es kommt somit darauf an, ob ihn die Belastung mit einer Sicherheit von 10 % für die Zeit bis zur vorbehaltlosen Annahme der Schlusszahlung unangemessen benachteiligt.
Dies ist nach Auffassung des BGH der Fall. Eine Sicherheit von insgesamt 10 % übersteigt das unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen von AG und AN angemessene Maß. Hierzu verweist der BGH auf Verträge der öffentlichen Hand, in denen regelmäßig Sicherheiten von 3 % vorgesehen sind. Auch in der privaten Bauwirschaft haben sich Einbehalte von maximal 5 % durchgesetzt.

Praxishinweis
Der BGH betont, dass das Sicherungsinteresse des AG nach der Abnahme deutlich geringer ist als in der Vertragserfüllungsphase. Eine Sicherheit von maximal 5 % nimmt darauf Rücksicht, dass die Belastung des Auftragnehmers durch Sicherheiten nach der Abnahme gering zu halten ist. Denn der AN hat den Vertrag schon erfüllt, außerdem können dem AG möglicherweise noch Leistungsverweigerungsrechte zustehen. Eine weitere Belastung als 5 % der Abrechnungssumme, auch eine Belastung mit Avalzinsen, ist daher nicht zumutbar.

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