Irreführende Werbung mit Telefonnummern

OLG Koblenz, Urteil vom 25.3.2008 — Aktenzeichen: 4 U 959/07

Leitsatz
Es ist ein Fall der irreführenden Werbung im Sinne von § 5 UWG, wenn ein Unternehmen im Internet oder im Telefonbuch mit der Vorwahl einer Stadt wirbt, in der es keine Niederlassung mit eigenem Büro und Personal unterhält, und in der Werbung nicht auf eine Anrufweiterschaltung hinweist.

Sachverhalt
Ein Umzugsunternehmen warb mit einer örtlichen Telefonnummer, obwohl es in diesem Ort gar keine Zweigstelle hatte und der Anruf lediglich in eine andere Stadt weitergeschaltet wurde, in der sich der Sitz des Unternehmens befand. Ein Hinweis in der Werbung auf eine Anrufweiterschaltung erfolgte nicht. Das Landgericht Trier wies die Klage auf Unterlassung ab. In II. Instanz korrigierte das OLG Koblenz diese Entscheidung und gab der Klage statt.

Entscheidung
Das OLG verurteilte das Unternehmen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit einer örtlichen Telefonnummer zu werben, wenn es in diesem Ortsnetz tatsächlich keine eigene Niederlassung mit eigenem Büro und Personal unterhält und dennoch nicht auf eine Anrufweiterschaltung hinweist.

Der potenzielle Kunde gehe bei der Lektüre einer solchen Werbung gerade aufgrund der angegebenen Vorwahl davon aus, dass das Unternehmen tatsächlich den Sitz oder aber eine Niederlassung mit eigenem Büro und Personal in dieser Stadt habe.

Das OLG befasste sich dann mit der wettbewerbsrechtlichen Relevanz. Das OLG bejahte die wettbewerbsrechtliche Relevanz, da die Angabe der Telefonnummer geeignet sei, das Marktverhalten der potenziellen Kunden zu beeinflussen. Für einen nicht unbeachtlichen Teil der Leser sei gerade die Vorstellung, dass das Unternehmen — hier: Umzugsunternehmen — an einem bestimmten Ort seinen Sitz oder aber eine Niederlassung habe, von Bedeutung. Grund sei, dass viele Kunden ein ortsansässiges Unternehmen bevorzugten, im Übrigen eine optimale Betreuung „vor Ort“ schätzten.

Praxistipp
In diversen Branchen ist es üblich, in einer Mehrzahl von örtlichen Telefonbüchern jeweils mit einer Telefonnummer verfügbar zu sein. Dies kann — wie im Streitfall — ein Umzugsunternehmen sein, auch sind dies in der Praxis Schlüsseldienste und vergleichbare Dienstleistungen. Betroffene Unternehmen sollten wissen, dass grundsätzlich die Werbung im örtlichen Telefonbuch einer anderen, auch ferner liegenden anderen Stadt grundsätzlich zulässig und nicht per se irreführend ist. Gänzlich gefahrlos wäre die Verwendung einer kostenfreien 0800-Nummer zumindest dann, wenn zudem ein kleiner Hinweis auf den Sitz erfolgt.

SCHLÜNDER | RECHTSANWÄLTE | Bismarckstraße 16  | 59065 Hamm | Deutschland
Tel. 02381 921 55-0 | FAX 02381 921 55-99 | Mail hamm@schluender.info


Architekt muss Kosten einer teuren Drainage tragen

OLG München, Urteil vom 28.10.2008 — Aktenzeichen: 28 U 3754/08

Leitsatz
Unterlaufen dem Architekten Planungs- und Überwachungsfehler, die zu Rissen im Keller führen, so haftet der Architekt in Höhe der Kosten, die bei Durchführung einer sicheren Sanierungsmethode entstehen. Gegebenenfalls sind gar die hohen Kosten einer ursprünglich nicht geplanten Drainage zu tragen.

Sachverhalt
Die Klägerin verlangt von dem beklagten Architekten Schadensersatz wegen Planungs- und Überwachungsfehler im Rahmen eines Bauvorhabens. Unstreitig ist es insoweit zu Rissen im Keller des errichteten Objektes gekommen. Die Klägerin begehrt die Zahlung der Kosten, die der Einbau eines Drainagesystems um ihr Anwesen verursachen wird. Der Beklagte hingegen meint, dass er allenfalls die Kosten für die preiswertere Reparaturmöglichkeit der Ertüchtigung der weißen Wanne zu tragen habe. Die Erstellung einer Drainage stehe in keinem Verhältnis zum gewünschten Erfolg.

Entscheidung
Das OLG München hat den Beklagten zur Zahlung von mehr als 100.000,00 € zzgl. Zinsen verurteilt.

Das OLG hat zunächst den Planungs- und Überwachungsfehler des Architekten festgestellt. Sodann hat das OLG diejenigen Kosten ausgeurteilt, die entstehen, wenn ein komplettes Drainagesystem um das Anwesen der Klägerin herum errichtet wird.

Das OLG hat sehr wohl erkannt, dass die Kosten der Errichtung eines Drainagesystems, bei weitem die Kosten der Verpressung der Kellerwände und der Bodenplatte übersteigen. Dennoch hat das OLG die höheren Kosten ausgeurteilt, da nach den Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen ein Verpressen der Risse nicht schon beim ersten Arbeitsgang erfolgversprechend sind. Berücksichtigt hat das Gericht dabei, dass der Sachverständige nicht zuverlässig hat feststellen können, in welchem Umfang Risse in der Bodenplatte vorhanden waren, weil Estrich auf der Bodenplatte liegt. folglich hätte der Estrich für eine Verpressung vollständig entfernt werden und nach Durchführung der Reparaturarbeiten eine zeitlang entfernt bleiben müssen. Hierzu hat das OLG ausgeführt, dass eine solche Vorgehensweise der Klägerin nicht zuzumuten sei. Darüber hinaus hat das OLG berücksichtigt, dass der Beklagte bereits bei geringer Aufmerksamkeit für einen trockenen Keller der Klägerin hätte Sorge tragen können. Aus vorgenannten Gründen hat das LG den beklagten Architekten zur Zahlung der erhöhten Kosten der sichereren Sanierung verurteilt.

SCHLÜNDER | RECHTSANWÄLTE | Bismarckstraße 16  | 59065 Hamm | Deutschland
Tel. 02381 921 55-0 | FAX 02381 921 55-99 | Mail hamm@schluender.info


Architekt muss Auflagerkonstruktion eines Flachdachs überprüfen

OLG Oldenburg, Urteil vom 3.7.2007 — Aktenzeichen: 2 U 137/05

Leitsatz
1. Wird bei der Errichtung eines Flachdachs dessen Stahlkonstruktion auf Betonsäulen montiert, so muss der bauüberwachende Architekt die Verbindungen zwischen der Dachkonstruktion und den Betonsäulen überprüfen. 2. Bei den durch den Wassereinbruch nach dem Einstürzen eines Flachdachs entstandenen Wasserschäden handelt es sich um entfernte Mangelfolgeschäden.

Sachverhalt
Im Jahre 2001 stürzte das Flachdach eines Hauses nach starken Regenfällen ein. Grund war die nicht ausreichende Verbindung der Stahlkonstruktion des Dachs mit den darunter liegenden Stahlbetonsäulen. Der Mieter nimmt wegen des entstandenen Wasserschadens die Haus- und Grundbesitzer-Haftpflichtversicherung des Vermieters erfolgreich in Anspruch. Der Versicherer geht gemäß § 67 VVG gegen den bauüberwachenden Architekten vor. Dieser meint, einer Überwachung der Verbindung der Stahlbetonsäulen habe es nicht bedurft. Im Übrigen seien eventuelle Ansprüche verjährt.

Entscheidung
Die Klage hat Erfolg. Das OLG Oldenburg hat festgestellt, dass der Architekt seine Pflichten aus der Bauüberwachung verletzt habe, da er das Auflager des Dachs nicht überprüft habe. Im besonderen Fall gab es zudem Bauablaufstörungen, so dass – so das OLG Oldenburg – die Überwachungspflicht erhöht war. Ursprünglich war nämlich geplant, zunächst die Betonsäulen und dann das Dach zu errichten. Nach Herstellung der Säulen und des Dachs mussten die Säulen aber wieder abgebrochen und das Dach zwischenzeitlich auf provisorische Stützen gestellt werden. Insbesondere in einem solchen Fall der Bauablaufstörung hätte der Architekt die neu herzustellenden Verbindungen nochmals prüfen müssen.

Die Ansprüche gegen den Planer sind nach Auffassung des OLG auch noch durchsetzbar gewesen, da es sich bei den eingetretenen Schäden um entfernte Mangelfolgeschäden handele, für die nach der alten Fassung des § 195 BGB eine Verjährung von 30 Jahren gelte.

Praxishinweis
Störungen im Bauablauf führen regelmäßig zu Abweichungen der ursprünglichen Planung. Derartige planerische „Lücken“ muss der Architekt durch eine erhöhte Bauüberwachung kompensieren, um so Fehler in der Bauausführung rechtzeitig aufzudecken. Bei Beurteilung nach neuem Schuldrecht hätte die Klage wegen des Eintritts der Verjährung abgewiesen werden müssen, da unter § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB auch entfernte Mangelschäden unter die fünfjährige Verjährungsfrist fallen.

SCHLÜNDER | RECHTSANWÄLTE | Bismarckstraße 16  | 59065 Hamm | Deutschland
Tel. 02381 921 55-0 | FAX 02381 921 55-99 | Mail hamm@schluender.info


BGH bejaht Haftung eines Internetauktionshauses

Bundesgerichtshof, Urteil vom 30.4.2008 — Aktenzeichen: I ZR 73/05-Internet-Versteigerung III

Leitsatz
Ein Internetauktionshaus kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn ein Anbieter auf seiner Plattform gefälschte Markenprodukte anbieten.

Sachverhalt
Die Klägerinnen produzierten Uhren der Marke „ROLEX“. Sie sind Inhaberinnen entsprechender Marken. Auf der von der Beklagten betriebenen Internet-Plattform „ricardo“ hatten Anbieter gefälschte ROLEX-Uhren zum Verkauf angeboten, die ausdrücklich als Plagiate bezeichnet waren. ROLEX nahm daraufhin die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.

Dies mit Erfolg.

Entscheidung
Der BGH bejaht die Haftung der Beklagten als Störerin, da sie mit ihrer Internet-Plattform das Angebot gefälschter Uhren ermöglicht, auch wenn sie selbst nicht Anbieterin dieser Uhren ist. Die Beklagte muss folglich nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern grundsätzlich auch Vorsorge dafür treffen, dass es nicht zu weiteren entsprechenden Markenverletzungen kommt. Der BGH verlangt insoweit von Betreibern von Internet-Plattformen eine entsprechende Vorsorge durch Kontrollmaßnahmen.

SCHLÜNDER | RECHTSANWÄLTE | Bismarckstraße 16  | 59065 Hamm | Deutschland
Tel. 02381 921 55-0 | FAX 02381 921 55-99 | Mail hamm@schluender.info


Keine befreiende Zahlung des Drittschuldners an Sicherungszessionar bei Kenntnis von Insolvenzeröffnung

Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 27.3.2008 — Aktenzeichen: 13 U 160/07

Leitsatz
Der Drittschuldner kann jedenfalls nicht mehr mit befreiender Wirkung an den Abtretungsempfänger leisten, wenn der Drittschuldner Kenntnis von der Insolvenzeröffnung hat und zwischen dem Verwalter und dem Abtretungsempfänger Streit über die materielle Berechtigung des Abtretungsempfängers auf Inanspruchnahme der Sicherheit besteht.
Sachverhalt
Die Schuldnerin hatte das Guthaben eines Kontos der Beklagten zur Sicherung aller Ansprüche an eine Versicherung abgetreten. Nach Insolvenzeröffnung hat die Beklagte von diesem Konto Zahlungen an die Versicherung geleistet.

Die Parteien streiten darüber, ob der klagende Insolvenzverwalter die Auszahlung des Restguthabens verlangen kann. Außerdem besteht Streit darüber, ob die Leistung der Beklagten an die Versicherung im Verhältnis zum Kläger schuldbefreiende Wirkung hat.

Entscheidung
Das OLG Celle ist der Auffassung, dass die Klage begründet ist. Zu Recht hatte die Vorinstanz die Beklagte zur Auszahlung des restlichen Guthabens sowie zu erneuten Zahlung des an die Versicherung bereits geleisteten Betrages – dieses Mal an den Insolvenzverwalter als Kläger – verurteilt.

Erstens sei die Schuldnerin Inhaberin des Kontos bei der Beklagten. Folgerichtig stehe dem Kläger der Zahlungsanspruch zumindest insoweit zu, als die Beklagte das Guthaben noch nicht an die Versicherung ausgezahlt habe. Unerheblich sei, dass die Schuldnerin das Guthaben zur Sicherheit abgetreten habe, denn gemäß § 166 Abs. 2 InsO dürfe der Verwalter eine Forderung, die zur Sicherheit abgetreten worden ist, zur Insolvenzmasse einziehen.

Zweitens sei hinsichtlich des an die Versicherung ausgezahlten Betrages zu berücksichtigen, dass diese Leistung keine schuldbefreiende Wirkung gegenüber dem Kläger habe. Insoweit schließt das Verwertungsrecht des Verwalters nach § 166 Abs. 2 InsO das Verwertungsrecht des Sicherungszessionars aus. Der Sicherungszessionar verliere vom Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung an seine Einziehungsbefugnis zumindest sei eine Leistung mit schuldbefreiender Wirkung nicht möglich, wenn – wie im Streitfall – der Drittschuldner Kenntnis von der Insolvenzeröffnung habe und auch Streit über die materielle Berechtigung des Sicherungszessionars auf Inanspruchnahme der Sicherheit bestehe.

Praxishinweis
Offen bleibt weiterhin die Frage auch nach dieser Entscheidung des OLG Celle, ob der Drittschuldner nicht zumindest dann an den Sicherungszessionar mit befreiender Wirkung leisten kann, wenn er von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine Kenntnis hat. Sofern allerdings ein Drittschuldner von der Verfahrenseröffnung weiß, sollte er im Zweifel an den Insolvenzverwalter und nicht an den Zessionar leisten oder zumindest den Betrag hinterlegen.

SCHLÜNDER | RECHTSANWÄLTE | Bismarckstraße 16  | 59065 Hamm | Deutschland
Tel. 02381 921 55-0 | FAX 02381 921 55-99 | Mail hamm@schluender.info


Prüfungs- und Hinweispflicht bei fehlender Abdichtung?

OLG Bremen, Urteil vom 12.9.2007 — Aktenzeichen: 5 U 71/06

Leitsatz
Schuldet der Estrichleger nach dem Vertrag eine Bodenbeschichtung ohne Abdichtung des Bodenbelages, so ist dieser dennoch verpflichtet, diese Bodenbeschichtung ohne Abdichtung zu überprüfen hinsichtlich der konkreten Verwendbarkeit. Ggf. muss der Estrichleger den Besteller auf die Ungeeignetheit hinweisen.

Sachverhalt
Der Estrichleger schloss mit einem Getränkehersteller auf der Grundlage der VOB/B einen Vertrag zur Neuherstellung der Bodenbeschichtung im Sirupraum des Getränkeherstellers. In diesem Sirupraum befanden sich Tanks mit jeweils mehreren tausend Litern. Eine Abdichtung war im Vertrag nicht vorgesehen. Bei den Arbeiten zeigte sich sodann, dass der alte bisherige Boden keine Abdichtung hatte. Entsprechend dem Vertrag baute der Estrichleger den neuen Boden auch ohne Abdichtung ein. Unterhalb des Sirupraumes kam es später zu Durchfeuchtungsschäden. Der Getränkehersteller verlangt Minderung des Werklohns. Der Estrichleger verneint seine Verantwortlichkeit, da sein Vertrag mit dem Getränkehersteller eine Abdichtung nicht vorgesehen habe.
Entscheidung
Das OLG bejaht den Minderungsanspruch des Getränkeherstellers. Das Gericht legt dem Estrichleger die Verletzung seiner Prüfungs- und Hinweispflicht gemäß § 4 Nr. 3 VOB/B zur Last. Auch ohne gesonderte Vereinbarung durfte der Estrichleger nicht den neuen Boden entsprechend dem alten Boden ohne Abdichtung fertigen. Die Kenntnisse über Abdichtungen und deren Existenz gehören zum Berufsbild des Estrichlegers. Allein die Existenz der Siruptanks hätten den Estrichleger veranlassen müssen, bei dem Getränkehersteller die Frage nach einer Abdichtung zu stellen.

Praxishinweis
Regelmäßig entspricht es dem Willen der Vertragsparteien, eine bestmögliche Funktionstauglichkeit zu erreichen. Der Handwerker – im obigen Fall der Estrichleger – verkennt den Umfang seiner Pflichten, wenn er sich lediglich verlässt auf den Wortlaut des Vertrages. Wenn also der Handwerker erkennt, dass möglicherweise seine Leistungen gemäß dem geschlossenen Vertrag nicht die gewünschte Optimierung der Funktionstauglichkeit erreichen, so sollte der Handwerker im eigenen Interesse den Besteller auf diesen Umstand hinweisen.

SCHLÜNDER | RECHTSANWÄLTE | Bismarckstraße 16  | 59065 Hamm | Deutschland
Tel. 02381 921 55-0 | FAX 02381 921 55-99 | Mail hamm@schluender.info


Unwirksame Vertragsstrafenvereinbarung

BGH, Urteil vom 6.12.2007 — Aktenzeichen: VII ZR 28/07

Leitsatz
Eine Vertragsstrafenklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist unwirksam, wenn das Erfordernis des Verschuldens für die Verwirkung der Vertragsstrafe eingeschränkt wird.

Sachverhalt
Der BGH hatte über die von der Klägerin geltend gemachte Vertragsstrafe wegen einer Bauzeitüberschreitung zu entscheiden. Der Vertrag enthielt unter der Überschrift „Bauzeit und Sicherheiten“ eine Regelung, nach der die Bauarbeiten bis zum 01. Februar 2002 fertigzustellen waren. Im Rahmen dieser Klausel hieß es weiterhin:
„Die Frist gilt als verbindlich und verlängert sich auch nicht durch witterungsbedingte Beeinträchtigung. Bei Überschreitung der Ausführungsfrist hat der Auftragnehmer eine Vertragsstrafe von 0,3 % der Auftragssumme pro Werktag des Verzuges zu zahlen; höchstens jedoch 10 % der Schlußrechnungssumme.“
Der Kläger verlangte für mehr als 33 Werktage eine Vertragsstrafe von mehr als 260.000,00 €.

Entscheidung
Der BGH entschied, dass die obige Vertragsstrafenvereinbarung unwirksam ist. Zum einen leitet der BGH die Unwirksamkeit aus der Einschränkung der Verschuldensabhängigkeit der Vertragsstrafe ab. Witterungsbedingte Beeinträchtigungen sollten die Fertigstellungsfrist nicht verlängern. Im Zusammenhang mit der Regelung der Vertragsstrafe hätte dies bedeutet, dass die Vertragsstrafe auch dann verwirkt wäre, wenn die Beklagte eine Überschreitung des Feststellungstermins wegen witterungsbedingter Umstände nicht zu vertreten hätte. Zum anderen verstößt nach der Rechtsprechung des BGH die obige Klausel gegen das Transparenzgebot. Die Vertragsstrafenklausel sei unklar, weil die Bemessungsgrundlage für den Tagessatz der Vertragsstrafe — 0,3 % – nicht eindeutig bestimmt sei. „Auftragssumme“ könne entweder die zuvor vereinbarte Summe oder aber die nach Abwicklung des Vertrages geschuldete Vergütung sein.

SCHLÜNDER | RECHTSANWÄLTE | Bismarckstraße 16  | 59065 Hamm | Deutschland
Tel. 02381 921 55-0 | FAX 02381 921 55-99 | Mail hamm@schluender.info


Vorteilsanrechnung bei Nachbesserung im Straßenbau

OLG Dresden, Urteil vom 21.3.2007 — Aktenzeichen: 6 U 219/03

Leitsatz
1. Erreicht knapp die Hälfte des Straßenbelags deutlich vor dem Ende der üblichen Nutzungsdauer den sog. Warnwert, so ist die Nachbesserung des gesamten Straßenbelags nicht unverhältnismäßig.

2. Erhält durch die Nachbesserung aber auch der Anteil des Straßenbelags eine deutliche höhere Lebensdauer, bei dem die Warnwerte voraussichtlich nicht überschritten werden, muss sich der Auftraggeber dies als Vorteil anrechnen lassen.

Sachverhalt
Die Beklagte als Auftragnehmerin brachte auf einer Bundesstraße für die Klägerin eine neue Asphaltdecke auf. Die Klägerin rügt gegenüber der Beklagten Kornverletzungen sowie Zersetzungen der Asphaltdecke dieser Straße. Sie verlangt Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung. Die Beklagte wendet ein, das Mängelbeseitigungsverlangen sei so lange unverhältnismäßig, bis die so genannten Warnwerte erreicht würden.

Entscheidung
Das OLG Dresden gibt der Klage zu 3/5 statt. Grundsätzlich kann ein Auftraggeber Kostenvorschuss für die Beseitigung der Mängel verlangen. Die Mängelbeseitigung ist – wie im Streitfall die Anhörung des Sachverständigen ergibt – nicht unverhältnismäßig. Unverhältnismäßigkeit liegt nur dann vor, wenn einem objektiv geringen Interesse des Auftraggebers an einer mangelfreien Vertragsleistung ein ganz erheblicher und deshalb vergleichsweise unangemessener Aufwand gegenübersteht. Denn bei mehr als 47 % der Gesamtfläche sind bereits heute lange vor dem Ende der üblichen Nutzungsdauer die Warnwerte erreicht. Ausgangspunkt sind die vom Sachverständigen geschätzten Sanierungskosten in Höhe von ca. 160.000,00 €. Hiervon sind mehr als 35.000,00 € im Zuge des Vorteilsausgleichs vom Vorschuss abzusetzen. Auch im Gewährleistungsrecht darf der Geschädigte nicht besser stehen, als er ohne das schädigende Ereignis stünde. Zu berücksichtigen sind nur diejenigen Vorteile, deren Anrechnung dem jeweiligen Zweck des Ersatzes entspricht und daher den Schädiger nicht unbillig entlastet. Eine längere Lebensdauer muss sich ein Auftraggeber grundsätzlich als Vorteil anrechnen lassen. Dies gilt nur dann nicht, wenn sie auf einer verzögerten Mängelbeseitigung durch den Auftragnehmer beruht, außer wenn der Auftraggeber noch keine Gebrauchsnachteile hinnehmen musste. Für den Teil der Bundesstraße, bei dem die Warnwerte noch nicht erreicht wurden, verschiebt sich durch die Sanierung die übliche Nutzungsdauer von 16 Jahren um weitere 8 Jahre. Eine Teilsanierung kommt aber nicht in Betracht, weil eine lediglich abschnittweise Ausbesserung zu einem Flickenteppich mit Nahtstellen führen würde, die Angriffspunkte für Verkehr und Witterung darstellten.

Praxishinweis
Der oben geschilderte Rechtsstreit ist ein Beispiel dafür, dass sich der Auftragnehmer selbst dann, wenn erhebliche Mängel und hohe Mängelbeseitigungskosten feststehen, auch mit der Vorteilsanrechnung (teilweise) erfolgreich verteidigen kann. Steht sowohl der Mangel als auch die Höhe der Mängelbeseitigungskosten fest, sollte bereits in einem frühen Stadium ein Auftragnehmer überlegen, zur Vermeidung eines Rechtsstreits eine Sanierung gegen Kostenbeteiligung des Auftraggebers anzubieten.

SCHLÜNDER | RECHTSANWÄLTE | Bismarckstraße 16  | 59065 Hamm | Deutschland
Tel. 02381 921 55-0 | FAX 02381 921 55-99 | Mail hamm@schluender.info


Kein Recht zur Veröffentlichung „eigener“ Fotos

Landgericht Köln, Urteil vom 20.12.2006 — Aktenzeichen: 28 O 468/06

Leitsatz
Wenn ein Kunde von einem Fotostudio ein digitales Portraitfoto von ihm gegen Entgelt anfertigen lässt, darf dieser Kunde dennoch das „eigene“ Foto nicht auf seine Website einstellen.

Sachverhalt
Der Kunde begab sich in ein Fotostudio, um dort digitale Fotos gegen Entgelt von sich anfertigen zu lassen. Ohne weitere Abreden zwischen dem Kunden und dem Fotostudio nutzte im Anschluss daran der Kunde das Foto, um es auf seiner Website einzustellen.

Das Fotostudio klagte auf Unterlassung. Dies mit Erfolg.

Entscheidung
Das Landgericht hat den Unterlassungsanspruch gemäß § 97 UrhG bejaht.

Es handele sich bei dem streitgegenständlichen Foto um ein urheberrechtlich geschütztes Lichtbild i.S.d. § 72 UrhG. Dieses sei auch unstreitig gemäß § 19 a UrhG veröffentlicht worden, indem der Beklagte als vormaliger Kunde des Fotostudios das Lichtbild auf seiner Website einstellte.

Ein Nutzungsrecht habe der darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht. Dies ergäbe sich insbesondere auch nicht aus § 60 UrhG.

Auch könne keine Einigung zwischen der Klägerin (Fotostudio) und dem Beklagten (Kunden) mit dem Inhalt des Rechts zur öffentlichen Zugänglichmachung des Lichtbildes festgestellt werden. Es sei davon auszugehen, dass das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung im Zweifel bei der Klägerin verblieben sei, vgl. § 31 Abs. 5 UrhG.

Praxistipp
Wenn — was insbesondere im gewerblichen Bereich und bei Selbständigen üblich ist — Fotos von Geschäftsinhabern/Mitarbeitern durch ein Fotostudio angefertigt werden, so sollte beim Abschluss des Vertrages mit dem Fotostudio ausdrücklich das Einverständnis zur Veröffentlichung auf der eigenen Website eingeholt werden. Damit keine Beweisprobleme auftreten, sollte das Fotostudio/der Fotograf veranlasst werden, auf der Rechnung nicht nur die Bezeichnung „Anfertigung von Digitalfotos“ zu vermerken, sondern darüber hinaus auch den Zusatz „u.a. zur Veröffentlichung auf einer Website“.

SCHLÜNDER | RECHTSANWÄLTE | Bismarckstraße 16  | 59065 Hamm | Deutschland
Tel. 02381 921 55-0 | FAX 02381 921 55-99 | Mail hamm@schluender.info


Mehraufwand für Gerüstbauarbeiten immer vergütungspflichtig?

Landgericht Köln, Urteil vom 12.6.2007 — Aktenzeichen: 5 O 367/06

Leitsatz
Wenn Gerüstbauarbeiten „nach Wahl des Auftragnehmers“ im Rahmen einer Pauschalpreisvereinbarung beauftragt werden, erhält der Auftragnehmer auch dann keine Mehrvergütung, falls sich die Gerüstbauarbeiten nicht so durchführen lassen wie vom Auftragnehmer geplant.

Sachverhalt
Die Klägerin verlangte Mehrkosten für durchgeführte Gerüstbauarbeiten. Insoweit enthielt die dem Vertrag zugrunde gelegte Baubeschreibung den Hinweis, dass Art und Konstruktion der erforderlichen Arbeitsgerüste und Einhausungen erfolge nach Wahl des Auftragnehmers. Zur Begründung des Anspruches führte die Klägerin aus, dass sie nach den zur Verfügung stehenden Informationen habe davon ausgehen können, dass hier als Gerüst ein herkömmliches Standardgerüst hätte verwendet werden können. Nach Vertragschluss und im Zuge weiterer statischer Berechnungen habe sich herausgestellt, dass eine wesentlich teurere freistehende Gerüstvariante erforderlich gewesen sei. Für sie – die Klägerin – sei nicht erkennbar gewesen, dass das ausgeschriebene Gerüst tatsächlich nicht brauchbar gewesen sei.

Entscheidung
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Wenn bei Vereinbarung eines Pauschalpreises lediglich der Hinweis auf das Erfordernis des Aufbaus und der Erstellung von Gerüsten/Einhausungen „nach Wahl des Auftragnehmers“ erfolge, so trage das Risiko des konkreten Leistungserfolges allein der Auftragnehmer. Wichtig ist der Umstand, dass im Streitfall lediglich eine funktional ausgeschriebene Leistungsbeschreibung vorlag. Eine funktionale Ausschreibung liegt grundsätzlich vor, wenn Leistungen nur global beschrieben werden, das heißt die Leistung ohne eine detaillierte Baubeschreibung gefordert wird. In diesen Fällen ist die Leistungsbeschreibung — zulässigerweise — erkennbar und gewollt unvollständig und lückenhaft, so dass dem Auftragnehmer Spielräume zur Vervollständigung der Leistungsbeschreibung zur Erreichung des vereinbarten Leistungsziels eingeräumt werden. In diesen Fällen trägt das Kostenrisiko allein der Auftragnehmer.

SCHLÜNDER | RECHTSANWÄLTE | Bismarckstraße 16  | 59065 Hamm | Deutschland
Tel. 02381 921 55-0 | FAX 02381 921 55-99 | Mail hamm@schluender.info