Anforderung an die anwaltliche Büroorganisation bei Übermittlung fristgebundener Schriftsätze per Telefax

BGH, Beschluss vom 07.07.2010 — Aktenzeichen: XII ZB 59/10

Leitsatz
Bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax kommt der Rechtsanwalt seiner Verpflichtung zu einer wirksamen Ausgangskontrolle nur dann nach, wenn er seinen Büroangestellten die Weisung erteilt, sich einen Sendebericht ausdrucken zu lassen, auf dieser Grundlage die Vollständigkeit der Übermittlung zu prüfen und die Notfrist erst nach Kontrolle des Sendeberichts zu löschen. Die Ausgangskontrolle soll nicht nur Fehler bei der Übermittlung ausschließen, sondern auch die Feststellung ermöglichen, ob der Schriftsatz auch wirklich übermittelt worden ist.

Eine konkrete Einzelanweisung an seine Büroangestellten, einen fristwahrenden Schriftsatz per Telefax zu übersenden, macht die Ausgangskontrolle nicht entbehrlich.

Entscheidung
Ein Rechtsanwalt hat in seinem Büro eine Ausgangskontrolle zu schaffen, durch die gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze rechtzeitig hinausgehen. Dies ist ständige Rechtsprechung des BGH. Dieser Verpflichtung kommt der Rechtsanwalt nach Auffassung des BGH bei der Übermittlung von Schriftsätzen per Telefax nur dann nach, wenn er seinen Büroangestellten die Weisung erteilt, sich einen Sendebericht ausdrucken zu lassen, auf dieser Grundlage die Vollständigkeit der Übermittlung zu prüfen und die Notfrist erst nach Kontrolle des Sendeberichts zu löschen. Tut er dies nicht, ist eine Wiedereinsetzung gemäß § 233 ZPO wegen verschuldeter Fristversäumnis nicht möglich.

Durch die Ausgangskontrolle anhand eines Sendeberichts soll insbesondere die Feststellung ermöglicht werden, ob der Schriftsatz überhaupt übermittel worden ist. Die konkrete Einzelanweisung, die komplette Berufungsbegründung an das Berufungsgericht zu senden, reicht nach Ansicht des BGH nicht aus und macht eine Ausgangskontrolle nicht entbehrlich, da die Anweisung, den Schriftsatz per Telefax zu übersenden, alleine die Art der Übersendung betrifft. Dies umfasst indessen nicht zugleich die Ausgangskontrolle. Hierzu ist die Anweisung erforderlich, den Übermittlungsvorgang erst als abgeschlossen zu betrachten, wenn ein entsprechender Ausdruck des Sendeberichts vorliegt. Ohne seine Vorlage ist eine wirksame Ausgangskotrolle nicht möglich, und zwar weder für die Bürokraft selbst noch für den Rechtsanwalt. Der Rechtsanwalt sollte daher darauf achten, dass er die Weisung entsprechend den Vorgaben des BGH erteilt.

SCHLÜNDER | RECHTSANWÄLTE | Bismarckstraße 16  | 59065 Hamm | Deutschland
Tel. 02381 921 55-0 | FAX 02381 921 55-99 | Mail hamm@schluender.info


Für Banken war bereits seit 1990 erkennbar, dass eine Hinweispflicht auf Rückvergütungen bestand

BGH, Urteil vom 29.6.2010 — Aktenzeichen: XI ZR 308/09

Leitsatz
Eine Bank, die einen Kunden im Rahmen der Anlageberatung nicht auf an sie geflossene Rückvergütung hinweist, kann sich jedenfalls für die Zeit nach 1990 nicht auf einen unvermeidbaren Rechtsirrtum über Bestehen und Umfang einer entsprechenden Aufklärungspflicht berufen.

Sachverhalt
Im zugrunde liegenden Fall begehrte der Kläger von der beklagten Sparkasse Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung. Der Kläger hatte auf Empfehlung der Beklagten 1997 und 1998 mehrere Fondsbeteiligungen gezeichnet. Dabei hat die Beklage den Kläger nicht im Einzelnen aufgeklärt, dass bzw. in welcher Höhe dabei die von dem Anleger an die Fondsgesellschaften gezahlten Ausgabeaufschläge als sogenannte Rückvergütung zurückflossen.

Entscheidung
Der BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen. Der BGH hat entschieden, dass für Kreditinstitute die ihnen obliegende Verpflichtung zur Aufklärung über sogenannte Rückvergütung bereits auf Grundlage von Urteilen des BGH aus den Jahren 1989 und 1990 erkennbar gewesen sei. Es sei erkennbar gewesen, dass bei der Beratung über Kapitalanlagen eine Aufklärungspflicht über solche Umstände bestehe, die das Beratungsziel in Frage stellen und die Kundeninteressen gefährden. Dazu gehöre auch die Aufklärung über Rückvergütungen. Die Beklagte musste daher bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt damit rechnen, dass eine generelle Aufklärungspflicht über Rückvergütungen bestand. Der BGH sieht diesbezüglich seine Rechtsprechung als konsequent an und betont, die Ausführungen hätten sich erkennbar allgemein auf die Aufklärungspflicht von Banken bei einer von ihr geschaffenen Gefährdung von Kundeninteressen bezogen. Die Banken können sich nach Auffassung des BGH daher ab dem Urteil aus 1990 nicht darauf berufen, sie träfe mangels Kenntnis der Pflicht über Rückvergütungen aufzuklären kein Verschulden bezüglich einer unterlassenen Aufklärung.

SCHLÜNDER | RECHTSANWÄLTE | Bismarckstraße 16  | 59065 Hamm | Deutschland
Tel. 02381 921 55-0 | FAX 02381 921 55-99 | Mail hamm@schluender.info