Aufhebung Berliner Testament

Hanseatisches Oberlandesgericht Bremen — Aktenzeichen: 5 W 18/12,Beschluss vom 01.08.2012

Leitsatz
Die Aufhebung eines gemeinschaftlichen Testaments in einem gerichtlichen Vergleich, geschlossen ohne Anwesenheit der Ehegatten im Termin, ist formunwirksam.

Sachverhalt
M und F hatten 1981 ein notarielles „gegenseitiges Testament“ geschlossen (vglb. m. Berliner Testament). Sie setzten sich gegenseitig zu Alleinerben und als Nacherben den Abkömmling des Letztversterbenden unter Ausschluss weiterer Abkömmlinge ein. Im Verlauf wurde dieses Testament mehrfach angepasst. Die Ehe scheiterte.

Am 06.07.2001 schlossen die Ehegatten vor dem Familiengericht zu gerichtlichem Protokoll einen Vergleich, in dem auch das genannte notarielle Testament sowie etwaige weitere gegenseitige Verfügungen von Todes wegen ersatzlos aufgehoben wurden. Anwesend bei dem Termin waren lediglich die Parteivertreter der Eheleute, nicht diese persönlich.

Die Abkömmlinge streiten nun darum, ob das notarielle Testament aus dem Jahr 1981 wirksam durch den Vergleich aufgehoben wurde.

Entscheidung
Das Oberlandesgericht Bremen hat in seinem Beschluss festgestellt, dass das Testament aus dem Jahr 1981 nicht wirksam durch den Prozessvergleich vor dem Familiengericht aufgehoben wurde. Für einen wirksamen Abschluss eines Erbvertrages, um den es im fraglichen Vergleich ging, hätte es der persönlichen Anwesenheit der beiden testierenden Ehegatten beim Vergleichsabschluss sowie der persönlichen Genehmigung des Vergleichs bedurft. Soweit die Auffassung vertreten wird, ein Prozessvergleich ersetze „jede für das Rechtsgeschäft vorgesehene Beurkundungsform, einschließlich der gleichzeitig und in Anwesenheit beider Teile vor der Urkundsbehörde abzugebenden Erklärungen“, bedeutet dies lediglich, dass die notarielle Beurkundungsform durch den Vergleich ersetzt werden kann, nicht jedoch, dass die persönliche Anwesenheit der Beteiligten beim Abschluss eines Erbvertrages entbehrlich wäre. Dies ist vielmehr gemäß § 2274 BGB unverzichtbar. Dies gilt nicht nur für den Abschluss eines neuen Erbvertrages, sondern auch für die Aufhebung eines Erbvertrages bzw. eines gemeinschaftlichen Testaments.

Da es an der persönlichen Anwesenheit der Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht, in der der Vergleich geschlossen wurde, fehlte, war die Aufhebung des gemeinschaftlichen Testaments unwirksam.

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