Arzthaftung bei mangelnder Mitwirkung des Patienten

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BGH, Urteil vom 16.6.2009 — Aktenzeichen: VI ZR 157/08

Leitsatz
Die mangelnde Mitwirkung des Patienten an einer medizinisch gebotenen Behandlung schließt einen Behandlungsfehler nicht aus, wenn der Patient über das Risiko der Nichtbehandlung nicht ausreichend aufgeklärt worden ist.

Sachverhalt
Der Kläger wurde am 25.03.1999 wegen eines Hypophysentumors in der Klinik der Beklagten operiert und nachfolgend am 03.04.1999 nach Hause entlassen. Am 05.04.1999 begann er körperlich abzubauen. Telefonisch empfahl die diensthabende Ärztin der Ehefrau des Klägers, diesen in die Klinik zu bringen, falls der Zustand sich weiter verschlechtere. Am 06.04.1999 suchte der Kläger geschwächt und im Rollstuhl sitzend in Begleitung seiner Ehefrau erneut die Klinik auf. Dort wurde ein MRT veranlasst, das einen normalen Befund nach erfolgter Operation eines Hyphysentumors ergab. Dem Kläger wurde ein stationärer Aufenthalt angeraten und eine Infusionsbehandlung verordnet. Der Kläger lehnte dies ab und begab sich nach Hause. Am darauffolgenden Tag erfogte eine notfallmäßige Einweisung des Klägers nach einem Bettsturz. Die weiteren Untersuchungen führten zur Feststellung eines Schlaganfalls, der infolge einer Dehydration(„Austrocknung‟) eingetreten war. Der Kläger verlangte Schadenersatz und Schmerzensgeld.

Die vom BGH u.a. zu entscheidende Frage war, ob der Beklagten am 06.04.1999 ein Behandlungsfehler wegen der nicht durchgeführten stationären Aufnahme einschließlich Infusion anzulasten war. Das OLG hatte entschieden, dass ein Behandlungsfehler deswegen ausscheide, weil der Kläger zu dieser Behandlung überhaupt nicht bereit gewesen wäre.
Entscheidung
Das OLG hatte in der Vorinstanz hierzu die Auffasung vertreten, dass es der Beklagten nicht möglich gewesen sei, den Kläger zu einer solchen Behandlung zu zwingen.

Der BGH hat entschieden, dass es für die Frage, ob der Beklagten ein Behandlungsfehler unterlaufen ist, nicht darauf ankomme, ob der Kläger zu einer stationären Aufnahme mit Infusionsbehandlung hätte gezwungen werden können und/oder müssen. Ausschlaggebend sei, ob der Kläger über die Notwendigkeit der beabsichtigten Behandlungsmaßnahme (hier: stationäre Aufnahme mit Infusion) in der gebotenen Weise informiert worden sei. Denn dem Patienten könne die Nichtbefolgung ärztlicher Anweisungen oder Empfehlungen mit Rücksicht auf den Wissens- und Informationsvorsprung des Arztes gegenüber dem medizinischen Laien nur dann als Obliegenheitsverletzuing oder Mitverschulden angelastet werden, wenn er diese Anweisungen oder Empfehlugnen auch verstanden habe(so auch: BGH VersR 1997, 449 und BGH VersR 1997,1357).

Der BGH hat (auch) aus diesem Grund das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache ans OLG zurückverwiesen, da noch weitere Einzelheiten zum Sachverhalt zu klären waren.

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