Anspruch auf die Wiederbeschaffungskosten entfallende Umsatzsteuer / Nutzungswille wird vermutet / vier Wochen Prüfungsfrist für Haftpflichtversicherer angemessen

Landgericht Stralsund, Urteil vom 13.7.2015 — Aktenzeichen: 7 O 19/15

Sachverhalt
Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalles. Strittig ist der auf den Wiederbeschaffungswert entfallende Umsatzsteueranteil. Nach Auffassung der Haftpflichtversicherung wird dieser nicht geschuldet. Soweit der Kläger eine Nutzungsausfallentschädigung fordert, beanstanden die Beklagten das der Kläger zu Nutzungswillen nicht ausreichend vorgetragen habe. Weiterhin vertritt die Beklagte die Auffassung, dass der Kläger keine ausreichende Prüfungs- und Regulierungsfrist eingeräumt habe.

Entscheidung
Das Landgericht Stralsund kommt in seinem Urteil zu dem Ergebnis, dass die Umsatzsteuer zu erstatten ist soweit sie tatsächlich angefallen ist. Dies gilt nicht nur, wenn das beschädigte Fahrzeug repariert wird, sondern auch für die Beschaffung eines Ersatzfahrzeuges; den auch diese ist eine Form der Naturalrestitution (BGH NJW 2014, 1943). Dass die Umsatzsteuer angefallen ist, kann der Geschädigte nachweisen, in dem er die Umsatzsteuer ausweisende Rechnung über das Ersatzfahrzeug vorlegt. Ausreichend ist hierfür, dass der Geschädigte die Auftragsbestätigung und die verbindliche Bestellung einreicht. Der Höhe nach hat der Geschädigte Anspruch auf die tatsächliche angefallene Umsatzsteuer, also auf die Umsatzsteuer aus dem tatsächlichen Kaufpreis für das Neufahrzeug. Der Restwert ist dabei nicht abzuziehen.

Im Hinblick auf den geltend gemachten Nutzungsausfallschaden wies das Landgericht daraufhin, dass der Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung voraussetzte, dass der Kläger den Willen und die Möglichkeit gehabt hat, das Fahrzeug zu nutzen. Es stellte dabei ausdrücklich klar, dass der Nutzungswille vermutet werde. Deshalb müsse dazu in der Regel keine näheren Einzelheiten vorgetragen werden (vgl. OLG Köln vom 25.06.1998, 1 U 20/89; OLG Düsseldorf vom 26.08.2014, 1 U 151/13).

Weiterhin hat das LG Stralsund im vorliegenden Fall eine Prüfungsfrist von vier Wochen für die gegnerische Haftpflichtversicherung als angemessen erachtet. Es führte dazu aus, dass die Länge der Frist von den Umständen des Einzelfalles abhänge, insbesondere von der Schwierigkeit der Sache. Bei gewöhnlichen keine besonderen Schwierigkeiten aufwerfenden Unfallsachen wird teilweise eine Frist von drei Wochen für angemessen gehalten (OLG Düsseldorf vom 27.06.2007, 1 W 23/07), teilweise eine Frist von vier bis sechs Wochen (Zöller – Herget, ZPO, 30. Auflage Rdnr. 6 „Haftpflichtversicherung“). Im vorliegenden Fall sei von einer eher einfachen Angelegenheit auszugehen, weshalb eine Prüffrist von vier Wochen als angemessen erachtet wurde.

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