Änderung der vorgesehenen Mieterstruktur — Wer trägt das Risiko?

Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.3.2010 — Aktenzeichen: XII ZR 108/08

Sachverhalt
Die Klägerin vermietete Anfang 2005 an die geschäftlich unerfahrene Beklagte Räume im Erdgeschoss eines sechsgeschossigen im Bau befindlichen Gebäudes zum Betrieb eines Cafés. Vereinbart war eine Laufzeit von zehn Jahren mit einmaliger Verlängerungsoption zugunsten der Beklagten. Nachdem sich die von der Klägerin geplante Vermarktung der ersten vier Obergeschosse als Büroraum nicht realisieren ließ, veranlasste sie im Sommer 2005 den Ausbau dieser Geschosse als Wohnraum. Dies stellte die Beklagte vor wirtschaftliche Probleme, hatte sie sich doch von dieser gewerblichen Nutzung Vorteile für das Café erhofft. Die Parteien stritten im späteren gerichtlichen Verfahren darum, ob die Klägerin verpflichtet gewesen sei, wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage den Mietvertrag an die geänderten Verhältnisse anzupassen. Die Klägerin stellte sich auf den Standpunkt, die Änderung der Mieterstruktur sei Risiko des Gewerberaummieters. Diese Ansicht teilte der Bundesgerichtshof.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof ging zunächst davon aus, dass die Klägerin als Vermieterin nicht zugesichert habe, dass die über den Mieträumen gelegenen vier Stockwerke als Büroraum genutzt werden würden; vielmehr handelte es sich insoweit lediglich um eine gemeinsame Vorstellung der Parteien im Sinne einer Geschäftsgrundlage. Allerdings trage bei Gewerberaummietverhältnissen grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache. Dazu gehört auch das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfülle sich – so der Bundesgerichtshof — die Gewinnerwartung nicht, so verwirkliche sich ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Danach falle es in den Verantwortungsbereich des Mieters, als Unternehmer die Erfolgsaussichten eines Geschäfts in der gewählten Lage abzuschätzen. Das umfasse auch das Risiko einer Veränderung der Mieterstruktur im Umfeld des Mietobjekts.

Praxishinweis: Man darf sich nicht darauf verlassen, dass ein Vermieter sein Vermietungskonzept auch umsetzt. Ändert der Vermieter seine Absichten, ist der Mieter nur dann nicht schutzlos, wenn im Mietvertrag eine anderweitige Risikoverteilung vorgesehen ist. Im vorliegenden Fall hätte der Mieter etwa vereinbaren können, dass ein Kündigungsrecht besteht oder sich der Mietzins reduziert, sollte der Vermieter wider Erwarten nicht Büroraum in den oberen vier Geschossen realisieren.

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