Ablehnung eines Sachverständigen wegen Geschäftsbeziehung zur Partei

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11.04.2012 — Aktenzeichen: 14 W 46/11

Leitsatz
Nur intensive Geschäftsbeziehungen zwischen dem Sachverständigen und einer Partei können einem Ablehnungsantrag wegen Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen.

Sachverhalt
Im Rahmen eines Rechtsstreits, in dem der Kläger von der beklagten Versicherung aus Anlass eines Verkehrsunfalls wegen erlittener Verletzungen einen Erwerbsausfallschaden verlangte, wurde vom Gericht ein Sachverständiger mit der Erstellung des notwendigen neurologischen Gutachtens beauftragt, der im Vorjahr der Beauftragung zwölf Aufträge (von insgesamt 1608) von der beklagten Versicherung erhalten hatte. Dies nahm der Kläger zum Anlass, einen Befangenheitsantrag zu stellen.

Entscheidung
Das OLG Karlsruhe hat in diesem Beschluss die Auffassung vertreten, dass nur intensive Geschäftsbeziehungen zwischen dem Sachverständigen und einer Partei einen Ablehnungsgrund darstellen können. Allein der Umstand, dass ein Sachverständiger in einem nicht ins Gewicht fallenden Umfang in der Vergangenheit für einen Versicherer tätig geworden sei, könne nicht die Annahme rechtfertigen, dass eine wirtschaftliche oder sonstige Abhängigkeit zu befürchten sei, die einen Ablehnungsgrund begründe. Im Hinblick auf die im vorliegenden Fall in keiner Weise ins Gewicht fallende frühere Tätigkeit sei noch nicht einmal der Sachverständige dazu gehalten, bei Annahme des Gutachtenauftrags diese übliche Gutachtentätigkeit aus seiner Vergangenheit offen zu legen.

Persönliche Anmerkung
Diese Entscheidung des OLG Karlsruhe kann nur bedingt überzeugen. Nach diesseitiger Auffassung muss der Sachverständige bei einer solchen Fallkonstellation sehr wohl verpflichtet sein, diese vorausgegangene Gutachtertätigkeit zu einer Partei bei Annahme des Gutachtenauftrags offen zu legen, um der anderen Partei zumindest Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

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